Demokratie nicht Corona opfern

Bürgerschafts-Opposition fordert Einbeziehung in Pandemiebekämpfung. AfD-Vergleich löst Eklat aus

„Eine unerträgliche Relativierung des Nationalsozialismus“

Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen über den AfD-Beitrag

Von Marco Carini

Der Ton wird rauer. Mitten in der zweiten Coronawelle wird die Pandemiebekämpfung immer mehr zum parteipolitischen Zankapfel. In der Bürgerschaft forderte die Opposition – von Linkspartei bis AfD – eine Einbeziehung des Parlaments in den Kampf gegen Covid-19.

„Die Demokratie darf nicht ein Opfer der Pandemie werden“, warnt etwa die FDP-Politikerin Anna von Treuenfels. Wenn das Parlament wie bislang aus der Pandemiebekämpfung praktisch ausgeschlossen bleibe und damit kritische Stimmen nicht in die Debatte einflössen, helfe das nur den Corona-Leugner*innen.

Cansu Özdemir, Fraktionschefin der Linkspartei, betonte, „in den ersten Wochen der Pandemie war die Einbeziehung des Parlaments und der Stadtgesellschaft nicht möglich“, heute aber seien die Alleingänge des Senats „undemokratisch“. Der treffe zunehmend Entscheidungen über die Köpfe der Hamburger*innen hinweg und spreche Maßnahmen mit den Betroffenen – etwa den Gastronomen – nicht ab. Auch Richard Seelmaeker von der CDU beklagte ein „Demokratiedefizit“, appellierte aber an alle Abgeordneten, aktiver zu werden: „Wir müssen die Debatte im Parlament führen und können ja auch selber Beschlüsse initiieren.“

Auch der AfD-Rechtsaußen Alexander Wolf forderte, „die Corona-Entscheidungen wieder ins Parlament zu holen“. Wolf löste einen Eklat aus, als er die Pandemieverordnungen mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis verglich, mit dem die Weimarer Demokratie ausgehebelt wurde. Nicht nur für den grünen Fraktionschef Dominik Lorenzen war das „eine unerträgliche Verharmlosung und Relativierung des Nationalsozialismus“.

Am Anfang der Debatte hatte Bürgermeister Peter Tschen­tscher (SPD) in einer kurzen Regierungserklärung die Erfolge des rot-grünen Senats bei der Pandemiebegrenzung herausgestellt, die dazu geführt hätten, dass Hamburg im Vergleich zu anderen Metropolen noch gut dastehe. Gleichzeitig stimmte er das Publikum – auf dem Sprung in die Videokonferenz mit den Ministerpräsident*innen und der Kanzlerin – auf neue weitgehende Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens ein. Tschentscher sprach von einer „kritischen Phase“ und malte einen „Notstand“ an die Wand, sollten sich nicht alle Bürger*innen an die zu erwartenden Beschränkungen halten.