wortwechsel
: Islamismus, Gendern und Kinderarbeit für Kakao

Nach Mord an Lehrer in Paris debattieren taz-Leser*innen über radikalisierte Muslime. Das generische Femininum erhitzt die Gemüter, ebenso Kinderarbeit bei Kakao-Ernte.

Garde républicaine mit Porträt von Samuel Paty Foto: reuters

Unfairer Handel

„Kinderarbeit für Schokolade“,

taz vom 20. 10. 20

Der Artikel legt den Finger in die Wunde: Kinderarbeit steckt in vielen Produkten aus der „einen Welt“, die wir so gerne möglichst preisgünstig erwerben wollen und nicht darüber nachdenken, wer hierfür ausgebeutet wird. Und richtig: Sogenannte Gütesiegel der Industrie selber bringen gar nichts. Schade nur, dass in dem Artikel leider überhaupt nicht auf die Siegel des fairen Handels hingewiesen wird. Diese haben sehr wohl Veränderungen gebracht – allerdings nur für rund 1 Prozent der Produzenten. Dies muss mehr werden und dazu ist jedeR einzelne KonsumentIn aufgefordert teilzunehmen durch den bewussten Kauf fair gehandelter Produkte. Veränderung beginnt mit Kaufverhalten – nur so können wir auch glaubwürdig Veränderungen bei den Multinationals einfordern.

Benjamin Pütter, Freiburg

Es bleibt kompliziert

„Ästhetisch einwandfrei“,

taz vom 13. 10. 20

Vor einigen Tagen erschien in der taz ein Artikel über das „generische Femininum“. Inhaltlich scheint mir der Artikel auf einem fundamentalen Missverständnis zu beruhen, da es sich lediglich um die willkürliche Übertragung auch auf männliche Wesen durch Anhängen der Endsilbe „in“ an ursprünglich maskuline Wörter handelte. Es gibt aber auch nicht so abgeleitete Fälle von „echten“ generischen Feminina und ebenso generische Neutra, zum Beispiel „Ente“, „Gans“ und „Biene“ beziehungsweise „Pferd“ und „Kamel“; bei Bienen ist sogar ein männliches Exemplar grammatisch weiblich, nämlich „eine Drohne“. Zugrunde liegt die simple, aber offenbar nur schwer vermittelbare Tatsache, dass grammatisches und biologisches Geschlecht keineswegs deckungsgleich sind. Ich selbst habe eine Vergangenheit als „männliche Professorin“ hinter mir, in einer Vorläufigen Prüfungsordnung der damals noch als „rote Kaderschmiede“ verschrienen Uni Bremen. Das habe ich als weniger lästig empfunden als die ständigen Verdoppelungen wie „Professorinnen und Professoren“, die ohnehin gewöhnlich nicht konsequent durchgehalten werden.

Klemens Döpp, Freudenberg

Moderne Trends

„‚Gläubigerin‘ und ‚Schuldnerinnen‘“,

taz vom 13. 10. 20

Die taz soll fortschrittlich und kritisch sein. Dazu muss sie sicherlich manches ausprobieren und dadurch ins Bewusstsein setzen und darüber diskutieren. So auch das Gendern. Die ganze Diskussion begann für mich mit dem Karnevalswitz der Kramp-Karrenbauer, mit jeder Diskussion über das Gendern steigert sich mein Entsetzen. Laut genderdings.de heißt es Vergeschlechtlichung – und so läuft das auch. Zunächst wird ein Begriff, der seit jeher auch ein Sammelbegriff war, problematisiert und dann krampfhaft auf eine Alternative oder die blödsinnige Schreibweise Wort*Innen gepocht. Als Ingenieur fühle ich mich eigentlich diskrimiert, mit dem Kunstsammelbegriff IngenieurInnen angesprochen zu werden. Meine Kollegin ist eine Ingenieurin. Ich frage mich, welche gesellschaftlichen Gruppierung(en) sich mit derart regulativen und damit manipulativen und brainwashartigen Vorgehensweisen in den Vordergrund spielen wollen. Dem gehört viel mehr widersprochen. Damit glaube ich kaum, dass der Gleichberechtigung der Frau ein Dienst erwiesen wird. Klaus Schleicher, Stolberg

Religiöse Gefühle

„Es braucht einen Aufschrei“,

taz vom 18. 10. 20

Die islamistischen Gewalttaten mit Bezug auf die Mohammed-Karikaturen von Charlie Hebdo sind zum Schreien schrecklich. Aber jedes noch so entschlossene massenhafte Eintreten für „Meinungsfreiheit“, wenn das die vermeintlich beste Reaktion darauf ist, greift zu kurz und bleibt ohne Einfluss auf das Handeln der Täter. Sie fühlen sich – zusammen mit dem Propheten – selbst beleidigt. Diese Kränkung, die den gesellschaftlichen Status als Underdog verschärft, ist es eigentlich, die solche brutalen Gewalttaten begehen lässt – mit den Werkzeugen einer von der Scharia inspirierten Selbstjustiz und in vermeintlicher „Rechtgläubigkeit“ und göttlichem Auftrag. Dem bloß die Werte der säkularen französischen Staates entgegenzusetzen, ist meines Erachtens so ineffektiv wie gefährlich. Es schürt die Wut auf eine Gesellschaft, die mit dem Gestus mentaler Überlegenheit religiöse Gefühle verletzt und sich dadurch selber in immer größere Gefahr begibt. statt Spannungen abzubauen.

Gertrud Schmidt, Bremen

Offener Honigtopf

„Klares Jein zur Rassismus-Studie“,

taz vom 20. 10. 20

Braucht man eine Studie darüber, ob ein offener Honigtopf die Wespen anlockt? Alles das, was die innere Struktur einer Polizeitruppe ausmacht – der Korpsgeist und die Autoritätshörigkeit, der Uniform-Fetischismus und die immanente Überheblichkeit. Die Legitimation, Schusswaffen offen zu tragen und sie nach eigenem Gutdünken einzusetzen, die gefühlte Straflosigkeit im Amt und der Kadavergehorsam. All das zieht doch ein rechtspositives Milieu bei der Berufswahl geradezu magisch an. Da sollte es doch niemanden wundern, wenn die politischen Einstellungen all dieser Polizisten jenen Teil der Gesamtbevölkerung kongruent abbilden, der zwischen wertkonservativ und rechtsextrem schwankt.

Richard Hehn, Villingen-Schwenningen

Religionskonflikt

„Das Einmaleins der Aufklärung“,

taz vom 20. 10. 20

Ein Lehrer wird von einem Moslem enthauptet, weil er ein Bild Mohammeds zeigt, auf dem dieser mit einer Bombe im Turban abgebildet ist. Meiner Meinung ist das nichts anderes als eine bildhafte Erläuterung von Sure 9,5 „Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie findet, packt sie, ergreift sie und lauert ihnen an jedem Hinterhalt auf!“. Wenn Linke und Liberale sich nicht einmal angesichts solcher Brutalität zu einer konsequenten Kritik des radikalen Islamismus wie auch jener Elemente des orthodox-konservativen Mehrheitsislams bequemen, welche die emanzipatorischen Errungenschaften westlicher Gesellschaften bedrohen, werden weiterhin antikosmopolitische Formationen mit ihrer „Islamkritik“ reüssiren. Die Lektüre von Sure 8 und 9 bildet ungeheuerlich weiter. Die Geistesstörung liegt nicht bei den heutigen Kopfabschlägern. Ingrid Schmall, Bornheim

Angst oder Rücksicht

„Das Einmaleins der Aufklärung“,

taz vom 20. 10. 20

Ich halte die Feststellung von Stephan Grigat, dass Linke eine notwendige Kritik des Islam den rechten Fremdenhassern überlassen, für überaus richtig. Besonders durch die taz habe ich gelernt, dass Linkssein bedeutet, weltoffen und fremdenfreundlich zu sein. Nicht nur Angehörige anderer Kulturen und Glaubensrichtungen zu respektieren, sondern deren Religiosität selbst. Auf dem Foto zu dem Artikel sind arabische Männer (ein arab. Schriftzug ist im Hintergrund zu sehen),die wütend die dänische Flagge verbrennen, als Reaktion auf die damaligen Krikaturen in Jyllands-Posten. Grigat schreibt, dass kaum eine führende deutsche Zeitung diese Karikaturen gedruckt habe. Warum nicht? Aus Rücksichtnahme oder aus Angst? Oder aus einem Gemisch aus beidem?

Name ist der Redaktion bekannt

Einwandfrei!

„Ästhetisch einwandfrei“,

taz vom 13. 10. 20

Das „umfassende Femininum“ halte ich schon länger für „ästhetisch einwandfrei“. Ich spreche nur noch von Mörderinnen, Vergewaltigerinnen und Lügnerinnen. Und erwarte einen Shitstorm von Stalkerinnen.

Ulrich Breidert-Achterberg, Gießen