Kiezprotest gegen Hildmann

Bündnis von AnwohnerInnen und Gewerbetreibenden protestiert gegen rechtsradikalen „Starkoch“

Foto: privat

Jörg Reichel 51, Sozialarbeiter und seit 13 Jahren Gewerkschaftssekretär im Medienbereich. Betreut als Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi Journalisten und Kinos.

Von Jordi Ziour

Wenige Häuser neben der veganen Snackbar von Attila Hildmann protestiert am Freitagnachmittag ein Bündnis aus Anwohner*innen, Kulturschaffenden und Geschäftstreibenden unter dem Motto „Charlotte und Wilma mucken auf – Kundgebung gegen Antisemitismus und Nazis“. Über 90 Geschäfte aus dem Kiez haben den Aufruf gegen das Geschäft des ehemaligen Starkochs und nun rechtsradikalen Verschwörungstheoretikers unterzeichnet. Prominente Gäste schauen beim Protest vorbei wie die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) und der Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD). Grüne, Linke und SPD sind mit eigenen Ständen vertreten. Es ist ein buntes Fest: Die Rio Reiser Band spielt, das Deutsch-Jüdische Theater führt ein Stück auf, und die Travestiekünstlerin Jacky-Oh Weinhaus moderiert gemeinsam mit de*r Aktivist*in Tarek Shukrallah durch den frühen Abend. Doch die erwarteten Zuschauer*innen bleiben aus. Statt der angemeldeten 400 Protestierenden kommen 200.

Auf der anderen Seite der Polizeiabsperrung vor Hildmanns Laden versammeln sich zeitgleich rund 50 Personen. Hildmann verbreitet seinen antisemitischen Wahn. Hinter ihm halten Frauen und Männer ein Transparent: „Wir lieben Attila Hildmann für seine Tierschutzprojekte“.

Wenige Häuser weiter befindet sich das ebenfalls vegane Restaurant „Viet Next Door“. Einer der Betreiber, Duy Nguyen, sagt, er finde die Aussagen des ehemaligen Starkochs auch nicht gut – aber für die Unterstützung des Gegenprotests hätten sie „kein Personal“, und er wisse auch kaum etwas über die Kundgebung.

Das wundert die Sprecherin des Kiez-Bündnisses, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie erzählt, dass ihnen die Unterschriftenlisten von Gewerbetreibenden förmlich aus der Hand gerissen worden seien. Doch diese Stimmung kommt bei der Kundgebung nicht auf. Die meisten Läden in der Schillerstraße sind am Freitagnachmittag geschlossen und haben nicht unterschrieben.

Es ist die zweite Kundgebung dieser Art. Am 28. August hatten sich bereits 350 Menschen zusammengefunden, um die Schließung von Hildmanns Ladens zu fordern. In der Zwischenzeit haben sich weitere Institutionen angeschlossen, darunter die Deutsche Oper.

Über die Kundgebung und die Unterschriftensammlung hinaus gibt es hier und da Versuche, den Laden tatsächlich dichtzumachen. Eine Möglichkeit wäre, dass der Vermieter das Mietverhältnis mit Hildmann beendet. Auf taz-Nachfrage beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf antwortet Bürgermeister Naumann, dass die Kontaktaufnahme zum Hauseigentümer bisher erfolglos sei. „Aber wir bleiben am Ball“, verspricht der SPD-Politiker.