Ein Brandbrief für gute Pflege

FACHKRÄFTE In einem Schreiben an Landesregierung und Jobcenter fordern Wohlfahrtsverbände Maßnahmen gegen Fachkräftemangel in der Altenpflege

Das Jobcenter bezahlt UmschülerInnen nur zwei von drei Ausbildungsjahren

Pflegeberufe trifft der demografische Wandel doppelt hart: Während die Zahl der Auszubildenden zurückgeht, steigt diejenige der pflegebedürftigen Menschen kontinuierlich an. Obwohl dieses Problem hinlänglich bekannt ist, steuern sowohl die Jobcenter als auch das Land Bremen zu wenig dagegen, finden der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (LAG). Sie haben deshalb der Landesregierung, dem Magistrat Bremerhaven, den Jobcentern und den Arbeitsagenturen einen Brief geschrieben, um die Dringlichkeit von Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel in der Altenpflege zu unterstreichen.

„Wir unterstützen alle Initiativen, die Schritte zur Reform der Altenpflegeausbildung und zur Steigerung der Attraktivität des Berufs einleiten. Sie sollen aber nicht nur reine Absichtserklärungen bleiben“, sagt Ex-Staatsrat Arnold Knigge, Sprecher der LAG. Während 2008 noch 164 Auszubildende in Bremen und Bremerhaven Altenpflegeschulen besucht hätten, seien es 2011 nur noch 126 gewesen. Die kommenden Kurse seien nur zu zwei Dritteln belegt – und das, obwohl es fast dreimal so viele BewerberInnen wie Plätze gebe.

Die Gründe sind vielschichtig: Da die Vergütung für den praktischen Teil der Ausbildung durch die Anhebung der Pflegesätze finanziert werden muss, sind viele Einrichtungen ohne Azubis im Vorteil und bieten deswegen keine Lehrstellen an. In anderen Bundesländern wurde diesem Problem mit einem „Pflegefonds“ begegnet: Hier zahlt jede Einrichtung ein, aber nur, wer tatsächlich ausbildet, bekommt auch Geld aus diesem Fonds. So können die Pflegesätze unverändert bleiben.

Ein weiteres Problem ist der Mangel an Umschülern: „Abgesehen davon, dass die Jobcenter viel zu wenig Bildungsgutscheine dafür ausgeben, finanzieren sie nur zwei Jahre der Ausbildung“, sagt Knigge. Das dritte Jahr werde vom Land bezahlt, das auch für die Schulkosten der restlichen Azubis aufkommt. „Dieses Geld“, sagt Markus Zimmer vom Bremer Schulverband der Altenpflegeschulen, „ist allerdings seit 1997 nicht mehr erhöht worden.“

Um zusätzliche Lehrstellen zu schaffen, wollen die Verbände auch die ambulanten Pflegedienste mit ins Boot holen, die in anderen Bundesländern längst Ausbildungsstätten sind. Dafür müssten allerdings auch neue Schulplätze her. „Bereits seit einem Jahr warten wir auf die Zustimmung der Sozialsenatorin und der Pflegekassen, auch dort ausbilden zu dürfen“, so Knigge.

Daneben bemängeln er und die anderen Verbände die Vergabepraxis der Bildungsgutscheine durch das Jobcenter. Um herauszubekommen, ob BewerberInnen tatsächlich für den Beruf geeignet und in der Lage seien, eine dreijährige Ausbildung zu absolvieren, hält er ein Praktikum im Vorfeld für unerlässlich: „Aber das wollen die Jobcenter bisher nicht finanzieren.“ SCHN