Mit etwas Nostalgie

Brigitte ist ein Kiezkind. Sie wurde nur wenige Häuser vom Silbersack entfernt geboren, wohnt über ihrer Kneipe, dem „St. Pauli Eck“, hat vorher jahrelang das Vereinsheim des FC St. Pauli bewirtet. „Wenn ich durch den Stadtteil laufe und mir hier die Leute angucke“, sagt sie, „könnt’ ich kotzen.“

Früher habe es auf dem Hamburger Berg noch Bäcker, Einzelhändler gegeben, heute seien hier die Yuppies, die meinten sich mit ihrem Geld alles kaufen zu können. „Anstand haben die nicht“, sagt Brigitte. „Die kommen in meinen Laden, benehmen sich wie Sau.“ Auf diese Leute könne sie gut und gerne verzichten – auch auf ihr Geld. „Ich bin froh, über meine Leute, die ich hier hab’.“

Sie kommt mit dem Geld zurecht, das der Laden abwirft. „Als Angestellte wär ich besser dran, das ist mir klar, aber hier hängt mein Herz dran.“ Und das Herz ihrer Gäste hängt, scheint’s, an Brigitte: Sie hat für jeden ein offenes Ohr, kennt die Geschichten und Nöte ihrer Gäste.

An der Theke ist immer ein Platz für Alwin vorgehalten, auch wenn er noch nicht da ist, bleibt der Barhocker frei. Alwin ist einer der letzten Alten, die noch kommen. Die anderen seien weggezogen, sagt Brigitte, oder „weggestorben“. Im Hintergrund dudelt die Jukebox. Ein nostalgisches Überbleibsel. Unermüdlich wird sie gefüttert – jedes Lied mit der eigenen Geschichte verknüpft, mitgesungen, mitgesummt und in Erinnerungen geschwelgt.  ALW