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Dem Haus eine Zukunft bauen

Bei fast jeder zweiten Erbschaft wird auch eine Immobilie weitergegeben. Das Eigenheim kann man in der Regel nicht zu gleichen Teilen den Nachkommen vermachen. Wie man ein Haus weitergibt und dabei Fallstricke vermeidet

Von Lars Klaaßen

Die eigenen vier Wände spielen auch über den Tod hinaus eine gewichtige Rolle. Laut „Erben in Deutschland“, einer Analyse des Deutschen Instituts für Altersvorsorge, enthält fast jede zweite generationenübergreifende Erbschaft Immobilien. Und darin steckt viel Geld: „Bundesweit hat das Erbschaftsvolumen der kommenden zehn Jahre allein durch die Wertänderung der Immobilien infolge der veränderten Wohnungsnachfrage in den letzten fünf Jahren einen Zuwachs um 47 Milliarden Euro auf 664 Milliarden Euro erfahren.“ Hinzu kommen im Konkreten meist die emotionalen Werte: Paare, die sich ein Haus gebaut und darin ihre Kinder großgezogen haben, wollen wissen, wie es mit dem Heim nach ihnen weitergeht.

„Viele Menschen, die ein Haus vererben, aber mehr als ein Kind haben, sorgen sich, hierbei keine gerechte Lösung finden zu können“, berichtet Cathleen Schliefke, Berliner Rechtsanwältin, aus ihrer beruflichen Erfahrung. Die vermeintliche Herausforderung: Ein Haus kann man nicht teilen, es kann nicht von mehreren Erben in gleichem Maße genutzt werden. Doch die Realität sieht ohnehin meist anders aus, wie Schliefke weiß: „Dass Geschwister allesamt ins Haus der Eltern ziehen möchten, kommt selten vor.“ Meist leben die erwachsen gewordenen Kinder nicht mehr an dem Ort, wo sie aufgewachsen sind. Viele Menschen zieht es im Laufe des Berufslebens woanders hin. Hinzu kommt: Menschen, deren Eltern sterben, sind heutzutage selbst oft schon um die sechzig Jahre alt. In dieser Lebensphase hat man sich in der Regel bereits selbst ein Eigenheim geschaffen.

Das Haus der Eltern ist dann ebenfalls in die Jahre gekommen – und nicht selten renovierungsbedürftig. Auch wenn es auf einen Verkauf hinausläuft, wirft die Zukunft dieses oft beträchtlichen Immobilienwertes Fragen auf, die von den Erblassern rechtzeitig geklärt werden sollten.

„Fällt eine Immobilie an mehrere Erben, müssen diese sich über das weitere Vorgehen einigen“, erläutert Schliefke. „Je eher geklärt ist, wer sich um den Verkauf kümmert und wie schnell das gehen soll, umso besser.“ Ein Testament kann solche Aspekte regeln: Wird kein Alleinerbe bestimmt, sondern die Immobilie nach festgelegten Quoten an verschiedene Nachkommen weitergegeben, lässt sich aus dieser Gruppe eine Person mit Entscheidungsbefugnis benennen. Diese regelt den Verkauf. „Das kann freier Hand geschehen oder in einem testamentarisch festgelegten Rahmen erfolgen“, so Schliefke.

„Der finanzielle Erlös aus dem Verkauf wird dann gemäß den im letzten Willen genannten Quoten an die Erben ausgezahlt, so wie dies auch bei anderen Vermögenswerten üblich ist.“ Um Konflikte zwischen Erben von vornherein zu verhindern, empfiehlt sich ein Gespräch mit allen Beteiligten, bevor ein Testament aufgesetzt wird, das alles regelt. Denn vielleicht möchte jemand das Haus unerwarteterweise doch noch beziehen – oder vermieten. Je klarer die Erben in spe ihre Vorstellungen äußern, desto passgenauer kann ein Testament dies berücksichtigen.

„Nicht selten übertragen Eltern Ihren Kindern schon zu Lebzeiten das Eigenheim und nehmen dabei den Nießbrauchvorbehalt in Anspruch“, sagt Schliefke. „Das Eigentum wird in solch einem Fall zwar übertragen, doch die Schenkenden behalten sich das verbriefte Recht vor, noch selbst darin zu wohnen oder auch die Immobilie zu vermieten.“ Wer sein Eigenheim zu Lebzeiten weitergibt, sollte dabei einige Unwägbarkeiten bedenken, rät die Anwältin: „Für bestimmte Eventualitäten empfiehlt sich eine Widerrufsmöglichkeit.“

Dies gelte etwa für den Fall der Insolvenz oder Zwangsvollstreckung bei den Kindern; wenn die Kinder vor den Eltern sterben, bei einem Zerwürfnis; oder mit Blick auf die Schwiegerkinder, wenn es zu einer Trennung kommt (nicht erst bei einer Scheidung). Auf der anderen Seite kann eine Anrechnungsbestimmung eine angemessene Aufteilung der Werte unter den Erben gewährleisten. Sie berücksichtigt im Testament, dass bestimmte Erben schon zu Lebzeiten Werte erhalten haben, andere Angehörige jedoch nicht. Dies kann auch bei Pflegeleistungen berücksichtigt werden. Wer von den Geschwistern sich etwa um die Eltern gekümmert hat, erhält entsprechend mehr.

Möchte man sein Eigenheim einer gemeinnützigen Organisation vermachen, sollte davon ausgegangen werden, dass diese die Immobilie verkauft und der Erlös dann ihren Aktivitäten zugute kommt. Nur in Ausnahmefällen eignet sich ein Wohnhaus für die Nutzung einer solchen Organisation. „Die Abwicklung solcher Transaktionen sind größeren Einrichtungen vertraut“, weiß Schliefke. Von Vorteil sei dennoch auch hier ein Gespräch im Vorfeld: „Beide Seiten können sich unverbindlich darüber austauschen, wer welche Vorstellungen hat und wie man dabei zusammenkommt.“ Auch nachdem ein Testament aufgesetzt wurde, lässt sich dieses immer noch ändern, falls dies später gewünscht ist.