Kein Bier mehr im Job

Neue Ambulanz für Alkoholiker eröffnet. Behandlung erzeugt Alkoholunverträglichkeit. Kassen zahlen aber nicht, Angebot richtet sich darum direkt an Arbeitgeber

„Wenn Sie sich nicht in den Griff bekommen, müssen wir Sie entlassen.“ Klaus Behrendt, ärztlicher Geschäftsführer der Hamburger ProVivere GmbH, spielt das Szenario durch, das alkoholkranken Mitarbeitern in letzter Konsequenz droht. An Arbeitgeber wendet sich ProVivere, eine Tochter des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), mit einem neuen Therapieangebot gegen Alkoholismus. Die ambulante Langzeit-Intensiv-Therapie, kurz Alita, sei insbesondere für Berufstätige geeignet, da eine Weiterbeschäftigung während der zweijährigen Therapie gewährleistet sei, erklärte Behrendt gestern bei der Eröffnung des neuen Therapiezentrums am Schlump.

Während der Therapie werde medikamentös eine Alkoholunverträglichkeit erzeugt. Vor dem Antritt müssen die Patienten einen stationären Entzug geschafft haben. Außer dem anfänglich täglichen Pflichtkontakt für jeden Betroffenen ist ProVivere „24 Stunden am Tag für die Patienten erreichbar“, so Projektleiterin Karin Bonorden-Kleij. Krisenintervention hieße das im Fachjargon, im Gegenzug müssen aber auch die Patienten für ProVivere erreichbar sein: Kommen sie nicht regelmäßig in die Therapie, suchen die Zentrumsmitarbeiter sie zu Hause auf.

„Mit heiligen Kühen gebrochen“ hat Alita laut Bonorden-Kleij bei der Therapeutenrotation. Kein Patient hat einen persönlichen Betreuer, sondern die sechs Mitarbeiter kennen alle Fälle. Bisher haben sie nur zwei Patienten, 30 sollen es werden.

Das Alita-Konzept wurde 1993 am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen entwickelt. Es weist laut Behrendt eine ungewöhnlich hohe Erfolgsquote auf: Von den 180 Patienten im Institut seien nach Jahren noch 50 Prozent „clean“.

ProVivere sei zudem das erste Unternehmen, das die Therapie nach den langjährigen Studien am Institut anbiete, so Behrendt. Die insgesamt 18.000 Euro teure Therapie werde jedoch zunächst nicht von Kassen übernommen und richte sich deshalb nur an Selbstzahler oder Betriebe.

Den Unternehmen macht ProVivere die Kostenübernahme mit einem Vergleich schmackhaft: Die Kompensation von Fehlzeiten und Leistungsminderung der Mitarbeiter sei um ein Vielfaches teurer als die Therapie. Diese Rechnung wird allerdings am Einkommen eines leitenden Angestellten festgemacht. Swantje Unterberg