meinungsstark
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Wir brauchen den weltweiten Alarm

„Um 11 Uhr nicht erschrecken! Erster Warntag seit 30 Jahren: Am Donnerstag heulen die Sirenen“, taz vom 10. 9. 20

Deutschland, 10. 9. 20, 11.00 Uhr: Wir proben für den Ernstfall. Denn im Ernstfall können wir uns in Sicherheit bringen. Uns wird geholfen werden. Europäische Solidarität hat Bedeutung. Aber nur bis an die Außengrenzen. Wir proben für den Ernstfall, um im Zweifel reagieren zu können, uns zu evakuieren, in Sicherheit zu bringen. Diese Chance haben die knapp 13.000 Menschen im Geflüchtetencamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos nicht. Der Ernstfall ist eingetreten. Es gab keine Probe. Die gab es noch nie. Niemand weiß, wie zu reagieren ist, wohin sich evakuieren? Es gibt keine Sicherheit. Der Ernstfall ist nicht erst eingetreten, seit Feuer ausgebrochen sind. Seit Monaten leben weit über 10.000 Menschen in einem Lager ausgelegt für 2.800. Der Ernstfall ist omnipräsent. Der Notfall, der ist da. Und was macht die EU? Die Friedensnobelpreis-EU, die sich mit Solidarität und Menschenrechten schmückende EU? Nichts. Rein gar nichts. Wir können deshalb nicht mehr vergeblich darauf warten, dass eine EU-weite Solidaritätsaktion startet. Wir haben so viele Städte und Gemeinden, die sichere Häfen sind. Die lauthals schreien #WirHabenPlatz. Was wir realisieren müssen, ist, dass wir eigentlich vor keiner Wahl stehen. Es gibt keine Wahl. Ist das nicht eher eine Pflicht? Eine Pflicht, die wir mit offenen Augen und offenen Ohren bewusst ignorieren. Wir brauchen einen weltweiten Alarm. Keine Probe. Der Ernstfall ist eingetreten. Er ist längst da. Wir müssen diejenigen evakuieren, die den Notfall, die große Katastrophe gerade erleben. Lina Weber, Frankfurt a. M.

Patriotisch nur mit Nationalhymne?

„Jens Spahn über Corona: ‚Zweifellos hat es Leid gegeben‘“, taz vom 12. 9. 20

Strammstehen, die rechte Hand aufs linke Herz, mit verklärtem Blick himmelwärts die Nationalhymne singen? Das soll Deutschland weiterbringen? Ein patriotisches Gemeinschaftsgefühl erzeugen? Da sind mir die Lokalpatrioten, die Dorfläden organisieren, sich für den Erhalt eines Naturschutzgebietes einsetzen, Müll sammeln oder sich sonst in ihrer Gemeinde jenseits aller Parteipolitik engagieren, lieber. Darunter soll es ja auch „Linke“ geben oder Menschen, die beim patriotischen Strammstehen Gänsehaut und schlechte Erinnerungen haben. Sind das dann schlechte Deutsche? Will sich Jens Spahn von denen abgrenzen? Live local, think global. Die Gegend, in der ich lebe, gehörte einst zu Österreich und hat schon einige Nationalhymnen erlebt. Länder verändern sich, aber die Erde ist immer dieselbe, wirkt mehr ins lokale, als manch einer wahrhaben möchte. Wie wäre es dann vielleicht mit der Europahymne? Eine Welthymne ist mir leider nicht bekannt. Ein Weltgemeinschaftgefühl wäre aber angesagt. Christoph Krolzig. Öhningen

Konto nur mit Gesinnungsprüfung?

„GLS-Konto für Ken Jebsen: Auch zum Coronaleugner

sozial“, taz vom 8. 9. 20

Liebe tazlerinnen und tazler, ich bin entsetzt über diesen Artikel! Meint ihr wirklich, dass jemand mit der falschen politischen Meinung nicht das Recht hat, ein Konto einzurichten beziehungsweise ein Konto bei der Bank seiner Wahl zu haben? Ist es wirklich euer Ziel, dass eine Bank, bevor sie jemanden als Kunden annimmt, sich über dessen politische Meinung informiert und entsprechend aussortiert? Wir haben in Deutschland die Meinungsfreiheit. Und das ist ein sehr hohes Gut. Das sollten wir alle achten! Jeder hat das Recht, seine Meinung frei zu äußern, ohne dass ihm daraus Nachteile erwachsen. Dann und nur dann haben wir die Chance, uns offen und frei über verschiedene Themen auszutauschen. Und nur dann können wir einer echten Wahrheit entgegengehen. Wenn Sie also das, was Ken Jebsen über das Internet verbreitet, anzweifeln – wofür es durchaus ernst zu nehmende Argumente gibt –, dann treten Sie mit ihm in einen offenen Austausch darüber! Wo wollen wir denn hin als Gesellschaft? Und was will die taz dazu beitragen? Das solltet ihr euch

wirklich mal fragen. Kornelia Renner, Dresden