Es muss nicht immer Curry sein!

Jan Feddersens Gastro-Kritik (i. V. Natalie Tenberg): Das Namaskar an der Pariser Straße in Wilmersdorf bietet keine Folklore, sondern Tradition

Die Verwandten aus Bombay hatten sich nach einer Europatour zu einem Besuch in Berlin gemeldet und verlangten, endlich wieder etwas Normales zu essen – also indisch. Aber was tun, wenn die indischen Lokale in Berlin die Tradition der indischen Kücher außer Acht lassen, dafür lieber Folklore-Tamtam pflegen? Das Namaskar, lautet die Empfehlung.

Die Verwandten waren vom Namaskar zunächst wenig beeindruckt: ein gefließter Boden, die Tische vor dem Lokal stehen auf einem Kunstrasenteppich, es gibt keine Klimaanlage. Eine exotische Stimmung mag hier nicht direkt aufkommen, auch wenn die Kellner im traditionellem Salwar Kameez gekleidet sind.

Die Auswahl der Gerichte aber war genau das, was die Verwandten suchten. Keine aberwitzigen Kunstgebilde wie Chicken Madras, bemerkte Onkel Kishor. Es scheint, als habe er schon Bekanntschaft mit dem einen oder anderen europäisch-indischen Restaurant gemacht. In Namaskar gibt es stattdessen Thalis, das ist eine Zusammenstellung verschiedener Fleisch- und Gemüsegerichte mit Reis und indischem Brot. Auch werden die typischen Beilagen, Linsen, Spinat mit Käse und Kartoffeln, die in Indien als Gemüse gelten, angeboten. Die Tante trinkt dazu ein Kingfisher Bier und beginnt, das Lokal zu mögen.

Sowohl Tante als auch Onkel verhandeln noch mit dem Koch über das Menü, auch was nicht auf der Karte steht wird gerne gebracht. Die Samosas, kleine Blätterteigtaschen mit Gemüse oder Fleischfüllung, können sich mit denen Bombays messen lassen, genau wie das marinierte Huhn. Die fehlende Schärfe weiß Tante Kinthu auch zu ergänzen: Mit kleinen Chili-Schoten, die zum Essen auf einem Beiteller gebracht werden. Ein Beiteller, erklärt sie uns, ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen guten und weniger guten indischen Restaurants. Gibt es keinen, wird das dazugereichte Brot, Naan oder Rotis, schnell durchweicht. Ein weiteres Extra, das aufgrund der indischen Sprachkenntnis gebracht wird, ist eine Platte mit rohem Gemüse. Die Zwiebel- und Paprikastücke werden einfach in die vorhandenen Speisen eingearbeitet. Unbedingt sollte man nach der Sauff Diba fragen, einer Box mit Anis- und Kardamon-Samen, die in Indien zum Abschluss des Essens gehören. Die Samen werden zerkaut, erfrischen den Atem und helfen noch dazu bei der Verdauung.

Am Ende befinden die Verwandten, dass das Lokal gut sei, das Essen authentisch und die Bedienung freundlich. So kam die indische Verwandtschaft zu ihrem normalen Essen und wir zum besonderen.

NAMASKAR, Pariser Str 56/57, 10719 Berlin, U-Bahn Spichernstraße, Tel. (0 30) 88 68 06 48, ab 12 Uhr, Spanische Allee 42, 14129 Berlin, S-Bahn Schlachtensee, Tandoori-Gerichte ab 12,25 €, Beilagen ab 2 €, Getränke ab 1,90 €