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: Lüften gegen das Innengrau

Gestern wachte ich von einem Albtraum auf: Um mich herum waren sämtliche Glasflächen verdunkelt. Ich war schockiert, weil ich während meiner intensiven Arbeit – vermutlich als Korrektorin, denn das ist meine Aufgabe in der taz – nicht bemerkt hatte, wie sich dieser düstere Schleier vor den Fenstern des Bürogebäudes herabgesenkt hatte – im Innenhof, an den Seiten, an der Front. Verzweifelt suchte ich im Traum einen Schalter, um Licht einzulassen.

Diese Schleier sind real, sie sollen zu einem freundlichen Klima beitragen, sie senken sich bei dem schmalsten Sonnenstrahl. Das Dunkel der Jalousien verschmilzt mit dem Innengrau aus ­Beton und Metallwänden. Ist es draußen längst wieder sonnenlos, beweisen sie Beharrungsvermögen. Ich hatte mich neulich mit der Kollegin vom Layout darüber ausgetauscht – und das albhafte Grau dann in meinen Schlaf transportiert.

Still ist es. Kaum jemand im Treppenhaus, in den Etagen. Das erleichtert das Arbeiten. Die Kollegin von der Dokumentation hat sich nach Wochen Heimbüro wieder hergetraut. „Vor Corona“ war ruhiges Arbeiten für sie hier kaum möglich.

Am Aufzug finde ich Aufmunterndes an der Wand: „Covid-19 ist wie die AfD – mit beiden möchte man nicht im selben Raum sein.“ Und weiter in starkem Rot: „Deshalb gilt: LÜFTEN! LÜFTEN! LÜFTEN!“ Ob sich das mimosenhafte adiabatische System, die experimentelle Klimaanlage, damit abfinden wird? Für ihr Funktionieren heißt es nämlich im Normalbetrieb: Fenster zu. Dem widersetze ich mich gerne: Gegen das Virus und die AfD!

Rosemarie Nünning