heute in hamburg
: „Der Begriff ‚Frauenliteratur‘ ist problematisch“

Wortpicknick „Alle Paare wieder“: Planten un Blomen, Freiluftbühne Große Wallanlagen, Holstenwall. 18 Uhr, Registrierung vor Ort, Eintritt frei.

Interview Lena Toschke

taz: Frau Behrens, warum gehen wir überhaupt Beziehungen ein, wenn es doch so oft Streit gibt?

Sigrid Behrens: Es wird zum Glück ja eben nicht immer gestritten. Man geht Beziehungen ein, weil man so wahnsinnig viel miteinander teilen kann und sich selbst auch darüber definiert, dass man im Austausch mit anderen ist – idealerweise mit jemandem, mit dem man gut auskommt und dem man etwas zu sagen hat. Ich als Schriftstellerin, die mit einem Schriftsteller verheiratet ist, kann davon tatsächlich viel Gutes berichten, da das eine ganz große Bereicherung ist.

Sorgt es nicht auch für Stress, Beruf und Beziehung zu vermischen?

Dadurch, dass wir am Ende eines Tages doch sehr unterschiedliche Sachen machen, finde ich das nicht. Für mich überwiegt, dass es einfach toll ist, jemanden an seiner Seite zu haben, der versteht, womit man sich da beschäftigt. Und der eine Vorstellung davon hat, durch welche Höhen und Tiefen man beim Schreiben eines Textes geht, was manchmal wahnsinnig kompliziert und anstrengend sein kann. Und in unserem Fall haben wir immer den Erstleser oder die Erstleserin im Haus.

Aber letztlich schreiben Sie nicht für Ihren Ehepartner, sondern für ein breites Publikum.

In seinem Kämmerlein zu sitzen und zu schreiben ist das eine. Das andere ist der Kontakt zum Publikum, sozusagen als „Reality Check“: Wie wirkt die Sprache? Nur wenn man den Text mit anderen teilt, weiß man, ob er auch im Vorlesen funktioniert und wie das Publikum reagiert. Und im Gespräch mit einem Kollegen, der auch noch ein Ehemann ist, verspricht das natürlich auch noch mal anders unterhaltsam zu sein.

Wie steht es um die Gender-Gerechtigkeit im Literaturbetrieb?

Foto: Inga Seevers

Sigrid Behrens 44, ist freischaffende Autorin und lebt mit ihrem Mann in Hamburg.

Sowohl der Literatur- als auch der Theaterbetrieb haben da noch einen weiten Weg vor sich Da würde ich mir beispielsweise wünschen, dass eine bessere Ausgewogenheit zwischen Autorinnen und Autoren entsteht. Auch den Begriff „Frauenliteratur“, der dann aber von Männern geprägt wurde, finde ich echt problematisch. Das Schreiben hat im Gegensatz zur Schauspielerei immerhin den Vorteil, dass man es auch in höherem Alter ganz gut machen kann und einem nicht komplett die Aufträge davonschwimmen.

Was macht für Sie eine gute und gleichberechtigte Beziehung aus?

Reden hilft immer – idealerweise über Interessen, die man teilt. Man kann natürlich auch über Dinge, die man nicht teilt, gut diskutieren. Was ich wahnsinnig wichtig finde, ist Ausgewogenheit und Teilhabe – aneinander und miteinander. Das muss keine Waage sein, die identisch ausgeglichen ist, denn wir wissen ja auch, dass Dinge von jedem anders gewogen werden. Es geht einfach um die gerechte Bewältigung von Aufgaben, die ein gemeinsamer Alltag ja auch zuhauf bietet.