heute in hamburg
: „Das Thema Tod kann sehr lebendig sein“

Foto: Eberhard Kehrer

Ina Hattebier, 58, ist Künstlerin und Gründungsmitglied des Netzwerks Trauerkultur. Sie gestaltet Urnen.

Interview Regina Seibel

taz: Frau Hattebier, einige Menschen verbinden mit Tod Stille und nicht Humor. Was entgegnen Sie diesen?

Ina Hattebier: Wir vom Netzwerk Trauerkultur haben die gegenteilige Erfahrung gemacht. Der Austausch über das Thema Tod kann sehr lebendig sein, viele unterhalten sich gern darüber und sind dankbar für diese Möglichkeit. Mit Stille können die Menschen sich selbst begegnen. Humor und Lachen erleichtert hingegen den Umgang mit als schwierig empfundenen Themen, gerade wenn wir mit anderen Menschen zusammen sind.

Warum glauben Sie denn, dass Humor dafür so wichtig ist?

Wir können in Bezug auf Dinge, die wir nicht ändern können, in Ohnmacht verfallen. Oder wir versuchen, uns damit auseinanderzusetzen. Wir entscheiden, welche Macht das Thema Tod über uns hat. Wenn wir anderen Menschen gegenüber nicht gleich in Tränen ausbrechen wollen, nutzen wir den Humor, um zu umschreiben, dass es uns nicht so gut geht. Das Gegenüber versteht das.

Bei der Werkstatt-Lesung hören die Besucher*innen heute Geschichten und modellieren mit Ton. Warum Ton?

Wir halten es für eine gute Ergänzung, nebenbei mit den Händen zu arbeiten. Wir bringen Modelle verschiedener Memento mori, also Symbole für den Tod, mit. So eine Erinnerung im Alltag, dass wir nicht ewig leben, hilft uns vielleicht dabei, das Leben mehr zu genießen. Wir schreiben aber nicht vor, was modelliert werden soll.

Und was für Geschichten sind zu hören?

Werkstatt-Lesung „Wenn Gevatter Tod dran glauben muss – schwarzer Humor am Sterbebett und danach“: 19 bis 21 Uhr, Galerie in der Marktstraße 6, Eintritt frei

Unterschiedliche Geschichten und Gedichte. Wir beginnen mit dem Märchen „Der Gevatter Tod“ von den Brüdern Grimm und klären, woher der Begriff „Gevatter“ kommt, der so viel wie „Freund, Verwandter, Taufpate“ bedeutet. Es gibt viele Geschichten über die Arbeit in Hospizen und dass es wichtig ist, auch die lustige Seite des Ganzen zu betrachten. Komik und Tragik liegen ganz dicht beieinander. Uns interessiert, wann etwas lustig ist und ab wann nicht mehr.

Sie betreiben auch regelmäßig „Death Cafés“. Was genau geschieht dort?

Die Besucher*innen sprechen mit Fremden über das Thema Trauer und Tod. Mit Fremden fällt es ihnen oft leichter, außerdem dürfen sie offen sein. Wir sind kein Trauercafé, besprechen also nicht nur akute Todesfälle. Es geht auch um solche Fragen, wie ich mir den Tod vorstelle und wie ich ihn finde.