heute in bremen
: „2.000 Kippen und sechs Kilo Kronkorken“

Foto: privat

Katrin Zeise, 45, ist Texterin in einer Werbeagentur und organisiert seit 2019 „Clean ups“ in Bremen

Interview Simone Schnase

taz: Frau Zeise, gibt es in der Überseestadt zu wenig öffentliche Mülleimer?

Katrin Zeise: Nein. Aber dort liegt viel umherwehender Müll, oft liegen da auch tagelang gelbe Säcke oder Papiermüll, der nicht ordentlich gebündelt wurde – das fliegt dann alles in der Gegend herum. Und viele Leute genießen dort ihre Freizeit, sind aber zu faul, eben einen Meter zum Mülleimer zu gehen. Bei Pfandflaschen denken auch viele, die gehören neben den Mülleimer – das ist ebenfalls problematisch.

Aber es gibt doch viele Pfandsammler, die sich genau darüber freuen ...

Es wird aber nicht alles gesammelt und vieles geht dann auch kaputt und Kinder oder Hunde und andere Tiere treten dann in die Scherben.

Wären da Mülleimer mit extra Ablageflächen für Pfand eine Lösung?

Theoretisch schon – aber die hat es schon mal gegeben und sie haben sich nicht bewährt, weil die Menschen da auch anderen Müll reingeschmissen haben.

Warum gehen die Menschen so achtlos mit ihrem Müll um?

Ich glaube, die meisten Menschen denken: Ach, irgendwer wird es schon wegräumen.

Genau das stimmt ja auch: Am Sonntag räumen Sie beispielsweise den Müll weg!

Wir sprechen aber mit den Menschen. Denn vielen ist gar nicht bewusst, was sie tun. Ich habe erst neulich erlebt, dass eine Frau zu mir sagte: Sie haben recht, ich achte da viel zu wenig drauf. Es scheint so, als sei vielen Leuten das Bewusstsein für ihre Umwelt abhandengekommen.

Wie lange machen Sie das schon?

Seit 2018. Später lief die Aktionsreihe dann unter dem Namen „Findorff FAIRputzen“, da gab es nach jeder Müllsammel-Aktion noch ein Zero-Waste-Büfett. Das mussten wir dann aber wegen Corona einstellen. Seit Juni sammeln wir nur noch Müll, und das mindestens einmal im Monat.

Wo sammeln Sie besonders viel Müll?

Müllsammel-Aktion „Clean up“ in der Überseestadt. 15 bis 17 Uhr, Treffpunkt: Container vor dem Spielplatz am Überseepark. Die Aktion dauert zwei Stunden, jeder Teilnehmende erhält als Dankeschön einen Taschen­aschenbecher

Am Osterdeich beispielsweise haben wir mal auf dem kleinen Stück rund um die Weserterrassen 2.000 Kippen eingesammelt. Wir haben bei einer einzigen Aktion auch schon sechs Kilo Kronkorken gesammelt. Dabei sollten gerade diese beiden Sachen doch wirklich problemlos zu entsorgen sein, weil sie klein und leicht sind. Man muss einfach bloß eine kleine Tüte oder einen Taschenaschenbecher dabei haben.

Aber ist es nicht auch frustrierend, ständig achtlos entsorgten Müll aufzusammeln?

Nein, das macht Spaß und es ist ein schönes Team-Event. Wir machen das ja, um andere zu animieren und zu motivieren.

Was sagt denn die Stadtreinigung zu Ihren Aktionen?

Die unterstützt uns: Wir bekommen von ihr Handschuhe, Müllzangen und Müllsäcke und wir haben auch einen Platz auf der Kampagnen-Website der Stadtreinigung bekommen. Und der Innensenator hat jetzt eine Anti-Kippen-Kampagne losgetreten, in die ich ebenfalls involviert bin. In diesem Rahmen wird es Ende August am Bahnhof eine Aktion geben, an der auch der BUND und Students For Future teilnehmen.