„Meine Lust fürs Studium ist rapide abgefallen“

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Veronika Schweighoferová

27, drittes Semester im Masterstudiengang „Leitung – Bildung – ­Diversität“ an der Evange­lischen Hochschule in Zehlendorf.

Im Gegensatz zu den größeren Unis gab es an unserer Hochschule lange keine Rückmeldung darüber, wie das jetzige Sommersemester ablaufen wird. Meine Kommiliton*innen und ich waren da lange verunsichert, wie das jetzt weitergeht. Ich habe Dozierenden anderer Unis geschrieben, ob ich an Seminaren teilnehmen kann. Das hat dann geklappt, an der FU durfte ich noch in ein zusätzliches Seminar mit rein.

An meiner Hochschule selbst hatte ich nur eine Blockveranstaltung. Sonstige Veranstaltungen sind überwiegend einfach ausgefallen. Oder man wusste nicht, wie das ist bisweilen, man hat sich einzeln bei den Dozierenden erkundigt und im besten Fall haben die geantwortet. Ich fand es deshalb sehr schwierig, das Semester zu planen. Ich habe dieses Semester zwei synchrone Seminare gemacht ich bin auch für zwei asynchrone angemeldet, aber das war nicht realistisch.

Ich kenne niemanden, der dieses Semester mit asynchronen Seminaren klar kam, oder das auch durchgezogen hat. Ich muss schon sagen, dass meine Lust fürs Studium rapide abgefallen ist. Nicht alle Dozierenden sind auch begabt darin, Lehrmaterialien zu gestalten und Präsentationsfolien gut zu füllen.

Das Studium heißt zu einem großen Teil auch Selbstverantwortung, das finde ich auch gut. Aber ich finde es krass, wenn diese Selbstverantwortung zu einem großen Teil in den privaten Bereich ausgelagert wird. Dass wir alle darauf angewiesen sind, dass wir auch eine stabile Internetverbindung und einen guten Rechner haben, und einen Arbeitsplatz. Wenn man einmal aus dem Internet fliegt, und die ganze WLAN-Box und den Computer neu starten muss, dann verpasst man einiges.

Das jetzt plötzlich alles zu Hause passiert, finde ich nicht in Ordnung. Ich nutze mein Zuhause als ein Ort zum Ankommen, Runterkommen und für mich da sein. Plötzlich wurde mein Schreibtisch zum Büro, zum Studienort, zur Bibliothek.

Ich übernehme gemeinsam mit ein paar anderen Leuten Verantwortung für ein Kind. Da die Kita dichtgemacht wurde, war es eine zusätzliche Herausforderung, die Betreuung so zu organisieren, dass es für alle Personen in der Bezugsgruppe machbar ist. Ich hab versucht zu tun, was ich kann, aber mit Homeoffice und Lohnarbeit ist es natürlich auch nicht einfach gewesen. Ich versuche, das so einen Tag die Woche zu machen, obwohl eigentlich zwei Tage notwendig wären – die Zeit habe ich aber nicht.

Meine Hochschule hat jetzt angekündigt, 70 Prozent der Veranstaltung ins Onlineformat auszulagern. Das macht mich natürlich ein wenig skeptisch, weil ich keine Lust habe auf noch ein Semester dieses improvisierten Selbststudiums. Ich überlege gerade, ein Praktikum zu machen und mir das anrechnen zu lassen. Regelmäßige Arbeitsstruktur würde mir besser tun als diese unvorhersehbare Onlineorganisation.

Protokoll: Jonas Wahmkow