heute in hamburg
: „Er hat sich Hitler an den Hals geworfen“

Nur noch heute können Vorschläge für die Umbenennung der Georg-Bonne-Straße in Nienstedten beim Bezirksamt Altona eingereicht werden

Interview Moritz Klindworth

taz: Herr Strenge, warum ist die Umbenennung der Georg-Bonne-Straße richtig?

Hans Peter Strenge: Es hat sich inzwischen herausgestellt, dass Georg Bonne nicht nur der Wohltäter in Nienstedten war, sondern schon vor 1933 und bis weit in den Zweiten Weltkrieg hinein rassenhygienische und antisemitische Ansichten gehabt und geäußert hat. Er hat sich Hitler an den Hals geworfen. Später wollten die Nazis gar nicht mehr so viel von ihm hören, weil es ihnen zu viel war. Ob er Parteimitglied war, ist auch etwas unklar.

Wann genau wurde die Straße zum ersten Mal umbenannt?

Zuerst umbenannt wurde ein Teil der Straße 1996/97 in „Am Internationalen Seegerichtshof“. Es war damals schon wenigstens zweifelhaft, ob man Bonne den Vereinten Nationen zumuten kann. Die Nienstedtener wollten ihren Teil gerne als Georg-Bonne-Straße beibehal­ten. Ich war im Bezirksamt und später im Senat zuständig für die Benennung von Straßen- und Verkehrsflächen. Wir haben eingewilligt unter der Prämisse: Ist zwar ein Vielschreiber, hat viel Unsinn geschrieben, aber das kann man so mitmachen. Dann wurden vor zwei bis drei Jahren antisemitische Schriften wie „Der Ewige Jude“ öffentlich. Deren Druck hat sogar Goeb­bels untersagt.

Das ist erst vor so kurzer Zeit bekannt geworden?

Foto: privat

Hans Peter Strenge, 71, von 1984 bis 1995 Leiter des Bezirks­amts Altona, ist seit 2003 Sprecher für „Gegen Vergessen −für Demokratie Hamburg“.

Das Staatsarchiv hat einen Gutachter beauftragt, der sich mit Namen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. In diesem Prozess kam noch mehr über Georg Bonne zum Vorschein. Er hat über Motive wie den Missbrauch von Alkohol und Tabak geschrieben, mit einem Touch gegen Linke. Mit der Nazibewegung 1931/32 hat sich Bonne verstanden gefühlt. Mitte der Dreißigerjahre hat er Adolf Hitler bezichtigt, die Rassenhygiene nicht begriffen zu haben. Er war den Nazis daher irgendwie auch unheimlich. Diese Schriften sind nicht veröffentlicht worden, aber im Staatsarchiv vorhanden. Das ist vor zwei bis drei Jahren hochgekommen.

Auf welche Verdienste Bonnes wurde bei der vorigen Straßenumbenennung verwiesen?

Verdienst eins: Bonne hat sich 1887 in Klein Flottbek niedergelassen und war über Jahre der einzige Arzt zwischen Altona und Blankenese. Damit war er als Bürger angesehen. Außerdem ist er Mitgründer des Bauvereins der Elbgemeinden. Das ist eine der beiden Altonaer Wohnungsbaugenossenschaften, die viel für den sozialen Wohnungsbau getan hat.