Widerstand im Glauben

Das Verfahren für die Seligsprechung der von den Nazis ermordeten Lübecker Geistlichen geht in die zweite Phase: Das Erzbistum Hamburg hat die Unterlagen über die Märtyrer vervollständigt. Nun wird der Vatikan entscheiden

Seelsorge für polnische Zwangsarbeiter, das war einer der Vorwürfe der Nationalsozialisten. Ferner hätten sie „Feindsender“ gehört und NS-kritische Schriften und Flugblätter verteilt. Oder im kleinen Kreis Kriegsverbrechen angeprangert, zum Beispiel mit den Worten, ein Christ dürfte eigentlich nicht auf deutscher Seite am Krieg teilnehmen.

Das NS-Regime inhaftierte die vier Lübecker Geistlichen Johannes Prassek, Eduard Müller, Hermann Lange und Karl Friedrich Stellbrink und verurteilte sie unter anderem wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode. „Wenn sie sich vom christlichen Glauben losgesagt hätten, wäre ihnen nichts passiert“ sagt Klaus Kottmann, Kirchenjurist im Erzbistum Hamburg. Aber die vier Geistlichen, drei katholische Kapläne und ein protestantischer Pfarrer, blieben bei ihrem Glauben und den Überzeugen, die sie daraus ableiteten. Seitdem wird von ihnen als den „Lübecker Märtyrern“ gesprochen.

Gut 60 Jahre nach der Ermordung der vier Geistlichen hat der Hamburger Erzbischof Werner Thissen ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet (taz berichtete). Wobei die Seligsprechung nur für die drei katholischen Geistlichen in Frage kommt – die evangelische Kirche kennt diese Form der Würdigung nicht. Erzbischof Thissen hat deswegen zusammen mit der evangelischen Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter im Mai eine Arbeitsgruppe beauftragt, das Zeugnis der vier Geistlichen den Nachgeborenen zugänglich zu machen.

Im Verfahren für die drei Katholiken ist die erste Phase nun abgeschlossen: Hinterlassenschaften wie Briefe, Predigttexte und Notizen wurden gesammelt, außerdem wurden 25 Zeitzeugen befragt und ihre Aussagen zu Protokoll genommen. Diese Akten gehen jetzt zur zweiten Verfahrensphase nach Rom, wo über den Antrag von der vatikanischen Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse befunden wird. Die Notwendigkeit, ein Wunder nachzuweisen entfällt im Falle der Lübecker Geistlichen, da sie als Märtyrer selig gesprochen werden sollen.

Wann die Entscheidung fallen wird, ist offen. Auch wisse man nicht, sagt Kottmann, welche neuen Akzente von Papst Benedikt XVI. in einem solchen Verfahren zu erwarten sind. Klar ist jedoch: Benedikt XVI. würde die Seligsprechung nicht selbst vornehmen – der Nachfolger von Johannes Paul II. habe das dem Leiter der Seligsprechungsbehörde überantwortet, so Kottmann. Eine Abwertung der Seligsprechung? Dazu möchte der Kirchenjurist nichts sagen.

Eine Seligsprechung würde bedeuten, dass die ganze Kirche „das Leben und den Tod der Seligen als vorbildliches Glaubenszeugnis bestätigt“, schreibt das Erzbistum Hannover in seiner Online-Dokumentation des Verfahrens. Ferner gilt: Für eine Seligsprechung dürfen keine politischen, sondern einzig religiöse Motive vorliegen. Im Fall der Lübecker Märtyrer sieht Kottmann das gegeben aufgrund der Weigerung der vier Geistlichen, ihren Glauben zu verleugnen. Und: „Sie haben sich nicht als Politik-Kritiker verstanden, sondern als überzeugte Christen.“ kli