Freiland-Shopping unter Druck

Zehn Monate nach Eröffnung des Phoenix-Centers geht es der Harburger Fußgängerzone eher schlechter als vorher. City-Management und Business Improvement District sollen Abhilfe schaffen. Bergedorf hat das schon auf den Weg gebracht

von Gernot Knödler

Die Eröffnung der beiden Einkaufszentren Harburg Arcaden und Phoenix-Center hat die Geschäfte in der Harburger Innenstadt nicht so belebt wie erhofft. Im Gegenteil: Eine Reihe von Ketten sind mit ihren Filialen aus der Fußgängerzone Lüneburger Straße ins Phoenix-Center umgezogen, weitere werden vermutlich folgen. Nachmieter lassen auf sich warten. Der Bezirk und die Händler wollen jetzt versuchen, mit einem City-Management und durch Ausrufung eines Business Improvement Districts (BID, siehe Kasten) die Harburger City und vor allem deren Wirtschaft zu beleben. Bergedorf hat damit bereits, wenn auch unter anderen Voraussetzungen, begonnen.

Schon bevor die Planungen für die Harburger Einkaufszentren begannen, war klar, dass sich zwei Pole an den Enden der Lüneburger Straße herausbilden würden. Der Theorie nach hätte sich zwischen diesen ein reger Kundenstrom aufbauen sollen, der die Fußgängerzone und die benachbarten Einkaufsstraßen hätte beleben sollen. Das ist nicht geschehen. „Die Lüneburger Straße läuft Schritt für Schritt leer“, sagt zum Beispiel Heinrich Grüter vom Verband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels. Bei einem Verkaufsflächenzuwachs von 60 Prozent sei das nicht verwunderlich. „Das kann kein Standort verkraften“, glaubt Grüter.

„Wir wussten von vornherein, dass die Eröffnung dazu führen wird, dass es einen Anpassungsprozess geben wird“, sagt Jochen Winand, der Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung für den Hamburger Süden. Die Entscheidung, die Center bauen zu lassen, sei dennoch richtig für Harburg als Oberzentrum gewesen. Politik und Wirtschaft müssten das als Herausforderung sehen und sich fragen: „Ist die Verbesserung der Handelssituation der Lüneburger Straße die richtige Antwort auf ein Jahr Phoenix?“

Harburg sei dabei, sich neu zu strukturieren, sagt Gerhard Löwe von der Aktionsgemeinschaft City Harburg, einem Zusammenschluss von Händlern. Der Hafen erhält ein neues Gesicht, innovative Firmen siedeln sich dort an, Wilhelmsburg wird entwickelt. Wenn erst einmal neue Arbeitsplätze entstanden seien, werde auch die Innenstadt wieder aufblühen, glaubt Löwe.

Der Niedergang bietet in dieser Sichtweise eine Chance, der Innenstadt einen neuen Charakter zu geben, etwa durch mehr Wohnungen, Freizeitangebote und Büros – wobei nach Meinung Löwes die Erdgeschosse Geschäften mit regem Kundenverkehr vorbehalten bleiben müssen. Ein großer Teil der Geschäftsleute, einschließlich der Vertreter der Pole sowie die Bezirkspolitik, sind bereit, nachzuhelfen: Die Bezirksversammlung hat Geld für ein City-Management und die Verschönerung der Innenstadt bewilligt. Die Aktionsgemeinschaft ist bereit, das City-Management kozufinanzieren. Und die Aktionsgemeinschaft hat Löwe zufolge entschieden, bei einem BID mitzumachen – ein Projekt, das nicht zuletzt das Bezirksamt vorangetrieben hat.

Bergedorf, die andere in sich abgeschlossene Großstadt auf Hamburger Gebiet, verfügt schon lange über eine Werbegemeinschaft der Händler und hat bereits einen BID beantragt. Der Einzelhandelsumsatz ging in den vergangenen Jahren weiter zurück. Große Kaufhäuser schlossen die Pforten. Mit dem Bau von Einkaufszentren sind die Bergedorfer dennoch vorsichtig. Im Jahr 2000 wurde eines per Bürgerentscheid abgelehnt. Jetzt verhandelt der Bezirk über ein Center, das die Fußgängerzone und ihre Geschäfte möglichst wenig schädigen soll.

Mitarbeit: Anne Grünberg,
Christoph Behrends