Jeder Fünfte unter 18 lebt von Stütze

Kinderarmut nimmt zu. 18,5 Prozent der Minderjährigen lebten Ende 2004 von Sozialhilfe, 10.000 mehr als 2003

Fast jeder fünfte Minderjährige in Berlin ist derzeit auf Sozialhilfe angewiesen. Allerdings gebe es in den einzelnen Stadtbezirken erhebliche Schwankungen. Das teilte die Senatsverwaltung für Soziales gestern als Antwort auf eine PDS-Anfrage im Abgeordnetenhaus mit.

18,5 Prozent aller unter 18-jährigen Berliner lebten danach Ende 2004 von Sozialhilfe. In Mitte wohnten mit 30,2 Prozent die meisten Kinder und Jugendlichen in Haushalten, die auf staatlichen Lebensunterhalt angewiesen sind. An zweiter Stelle der Bezirksliste für Kinderarmut steht mit 29,4 Prozent Friedrichshain-Kreuzberg, gefolgt von Neukölln mit 29,2 Prozent. In Pankow leben hingegen mit 11,6 Prozent nur wenige Teenager in ärmeren Verhältnissen. Finanziell am besten gestellt sind laut Senatsverwaltung Kinder und Jugendliche aus Zehlendorf-Steglitz. Dort leben nur 8,1 Prozent der Minderjährigen vom Sozialamt. Insgesamt sind fast 271.000 BerlinerInnen auf Sozialhilfe angewiesen. Davon sind 35,5 Prozent minderjährig.

„Die Tendenz zur Kinderarmut ist deutlich steigend“, bestätigte Michael Seeger, Leiter der Arbeitsgruppe Sozialstatistik bei der Senatsverwaltung, gestern der taz. Seit Dezember 2001 habe die Zahl der Minderjährigen um 10.000 Betroffene zugenommen. Kinder seien ein deutliches Armutsrisiko. Das zeigt auch die Statistik von 2004. Vor allem jüngere Kinder sind von Sozialhilfe betroffen. „Paare in der Phase der Familiengründung rutschen bei Arbeitslosigkeit schnell an die Armutsgrenze“, so der Statistiker. So sei bei Familien mit Kindern unter 18 Jahren die soziale Bedürftigkeit im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent angestiegen. Insgesamt nahm die Zahl bedürftiger Haushalte nur um 2,6 Prozent zu.

Das Armutsrisiko gilt bekanntlich auch für Alleinerziehende. 56 Prozent der Berliner Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren, die Ende vergangenen Jahres auf „Stütze“ angewiesen waren, verfügen über nur ein Elternteil.

In dem Antwortschreiben macht die Senatsverwaltung deutlich, dass sie es für „kaum realisierbar“ hält, durch ein existenzsicherndes Kindergeld Kinder „unabhängig vom Erbwerbsstatus ihrer Eltern zu machen“. Stattdessen setzt Rot-Rot auf infrastrukturelle Verbesserungen. „Es geht uns vor allem um den Umbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes“, so Regina Kneidung, Sprecherin der Senatsverwaltung. Dessen Angebote, etwa Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen, sollten an die soziale Bezirksstruktur angepasst werden. Dieses müsse sich verstärkt an die Bedürftigen richten. Tania Greiner