meinungsstark
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„Dienstaufsichtliche Sorglosigkeit“?

„NSU-2.0-Drohbriefe von der Polizei: Korpsgeist austreiben und aufklären“, taz vom 18. 7. 20

Die Auslassungen des sogenannten NSU 2.0 sind offenbar an intellektueller Armut, reaktionärer Kurzsicht und eigener Würdelosigkeit nicht zu unterbieten. Empörend und durchaus erschreckend, dass mutmaßlich Menschen, die ihren Amtseid auf unsere Verfassung und die Verteidigung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung geschworen haben, überhaupt zu diesem „Wahnsinn fähig“ sind.

Diese Perfidie resultiert hiernach wohl nicht zuletzt aus einer längerfristigen Unkultur dienstaufsichtlicher Sorg- und Anspruchslosigkeit. Überaus erfreulich ist daher festzustellen, dass sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) für eine externe Bestandsaufnahme der eskalierenden Affäre einsetzt. Denn jedes rechtsstaatliche Versagen legt direkt und fundamental Hand an die Glaubwürdigkeit unserer demokratisch verfassten Strukturen. Ira Bartsch, Lichtenau

EU profitiert von US-Geheimdiensten

„Privacy Shield schützt nicht genug unsere Daten“,

taz vom 17. 7. 20

Safe Harbor und Privacy Shield sind Geschichte.

Ich freue mich sehr über den Erfolg von Max Schrems, aber was sind Facebook-Daten im Vergleich zu wesentlich sensibleren Bankdaten? Was ist mit Swift und was ist mit den Fluggastdaten? Die USA greifen ungeniert und vor allem völlig unkontrolliert die Daten europäischer Bürger ab und verweigern sich einer europäischen parlamentarischen Kontrolle.

Das, was die US-Seite als „geheim“ einstuft, ist einer demokratischen parlamentarischen Kontrolle entzogen. Niemanden in der EU scheint das noch zu interessieren. Liegt es möglicherweise daran, dass unsere Geheimdienste von den Erkenntnissen der amerikanischen Dienste profitieren, im Weg einer völlig unkontrollierten Partizipation?

Spricht man in der EU nicht so gern über die geheimen Kanäle, weil man ansonsten Gefahr liefe, sich über Zweck, Nutzen und Abwägung rechtsstaatlich rechtfertigen zu müssen?

Raimund Schorn-Lichtenthäler, Datteln

Ungewollte Schwangerschaften

„Wie stehen Sie dazu?“, taz vom 18. 7. 20

Diejenigen, die sich gegen jede Form von Abtreibung wehren, kümmern sich aber nicht mehr um die Mütter und die Kinder, wenn sie denn da sind.

Ich habe selber in einem meiner früheren Jobs gelegentlich die Pflichtberatung durchgeführt. Die meisten Frauen, die ich beraten habe, hatten bereits Kinder. Sie waren also keineswegs grundsätzlich gegen Kinder. Und sie wussten, was auf sie zukäme: Keine Zeit und Kraft mehr, sich um die bereits vorhandenen Kinder zu kümmern, keine Zeit und Geld, um die Ausbildung oder das Studium zu beenden, das mit einem Kind schon mühsam genug war. Oder es lagen Erkrankungen vor, mit denen klar war, das Kind hat keine Chance, gesund zur Welt zu kommen.

Warum diese Frauen nicht verhütet haben? Fast alle hatten verhütet, es hat nur nicht funktioniert.

Wie mir schon in den Siebzigern meine Biologielehrerin beigebracht hat: Die einzig sichere Verhütungsmethode ist der Apfel – statt Sex … Auf die leichte Schulter genommen hat die Entscheidung keine dieser Frauen, weswegen es mich

wütend macht, wenn häufig so getan wird, als ginge es hier um lauter leichtfertige junge Frauen, die keine Lust gehabt hätten, sich um das Thema Verhütung zu kümmern (und die zugehörigen Männer sowieso nicht).

Die Langzeitwirkung von ungewollten Schwangerschaften kann ich in all den Jobs studieren, in denen ich mit Menschen mit psychischer Erkrankung zusammenarbeite. Bei erschreckend vielen könnte man über die Biographie schreiben: „Ich war (und bin) nicht gewollt.“

Wer von den so genannten Lebensschützern hilft diesen Menschen, mit ihrem Leben klarzukommen? Wer von ihnen hat seinerzeit den Müttern geholfen?

Name ist der Redaktion bekannt