Endlich drittklassig

Der VfB Lübeck steigt nach zwölf Jahren wieder in die Dritte Bundesliga auf. Das bringt zwar mehr Geld, erfordert aber auch größere Investitionen und Durchhaltevermögen

Grölen vor Freude: Lübeck-Fans beim entscheidenden Spiel im Februar in Wolfsburg Foto: Darius Simka/Imago

Von Christian Görtzen

Die Zukunft nimmt Formen an für den VfB Lübeck und seine Fans. Seit Freitag wissen sie an der Trave, wann das lange Warten endlich ein Ende nehmen wird. Am 18. September – der späte Zeitpunkt ist der Coronapandemie geschuldet – startet die Dritte Liga in die Saison 2020/21. Dies hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bekannt gegeben.

Im Spätsommer also kehrt Schleswig-Holsteins Nummer zwei auf die bundesweit beachtete Bühne der Drittklassigkeit zurück, nach langen zwölf Jahren und vier Monaten. Der Auftaktgegner? Noch ungewiss.

Auch die Duelle mit den Großen, den gestrauchelten Traditionsvereinen vergangener Tage, wie den 1. FC Kaiserslautern, TSV 1860 München, MSV Duisburg, 1. FC Magdeburg, Dynamo Dresden, Waldhof Mannheim oder Hansa Rostock, sind noch nicht terminiert. Entscheidend aber, und darin sind sich Fans und Verantwortliche des VfB Lübeck einig, sei doch, dass der 101 Jahre alte Club überhaupt im Kreis der 20 Drittliga-Teams dabei ist. „Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt Vorstandssprecher Thomas Schikorra, der im Hauptberuf als Jurist tätig ist.

Dies war im Frühjahr hilfreich. Nachdem die Serie in der viertklassigen Regionalliga Nord am 12. März wegen der Ausbreitung des Coronavirus zuerst unter- und dann abgebrochen worden war, ließ sich lange nicht absehen, wie die Saison gewertet werden würde.

Schikorra versprühte schon recht bald Zuversicht, dass der Norddeutsche Fußball-Verband (NFV) nur den Tabellenführer Lübeck zum Aufsteiger ernennen könnte. „Das Ding ist absolut wasserdicht, es wird keine Relegation mit Wolfsburg II geben. Der NFV wird einen Saisonabbruch beschließen, wir werden aufsteigen“, erklärte der Rechtsanwalt. Und so kam es dann auch.

„Es war eine komische Situation“, räumt Schikorra ein. In Erwartung der NFV-Entscheidung hatten sich Spieler, Trainer und Vereinsverantwortliche im heimischen Stadion an der Lohmühle eingefunden. Ein Anruf ging ein, und dann wurde auf Abstand gefeiert – mit Kaltgetränken und Partymucke zum Mitsingen. Zwei Bier habe er sich auf den Sprung nach oben gegönnt, sagt Schikorra.

Schon bald aber zeigte sich, dass auf den Klub, der sowohl im April 2008 als auch im November 2012 einen Insolvenzantrag gestellt hatte, „größere Herausforderungen zukommen werden“, sagt Schikorra. „Aufsteigen ist das eine, sich in der Dritten Liga zu etablieren das andere.“

Zwei Millionen Euro investiert der in seiner Historie oftmals klamme VfB, um die Anforderungen des DFB an die Drittligisten zu erfüllen. Das in die Jahre gekommene Stadion wird eine neue Lautsprecheranlage erhalten, zudem ein leistungsstärkeres Flutlicht. Und an der Haupttribüne wird ein Container aufgestellt, um den Mitarbeitern der Medien bessere Arbeitsbedingungen zu bieten. Zudem gilt es, eine Rasenheizung zu installieren. Für Letzteres bleibt aber ein Jahr Zeit.

Allerdings stehen dem Verein in der Dritten Liga für diese Investitionen auch jene finanziellen Mittel zur Verfügung, die in der viertklassigen Regionalliga illusorisch sind. Vor allem das TV-Geld macht den Unterschied. Während die Vereine in der Regionalliga pro Übertragungshäufigkeit bei Livespielen zwischen 3.000 und 4.000 Euro erhalten, sind es in der Dritten Liga aus den Vermarktungserlösen (TV-Gelder, Sponsoringpartner der Liga, einheitlicher Spielball) rund 1,3 Millionen Euro.

Der Etat des VfB wird dadurch steigen. Waren es in der vergangenen Saison etwa 3,8 Millionen Euro, dürften es in der Dritten Liga um die 5 Millionen Euro werden. Der ebenfalls finanziell nicht auf Rosen gebettete SV Meppen ging mit 5,1 Millionen Euro Gesamtetat in die vergangene Saison. Klar sei, so Schikorra, dass sich Lübeck beim Etat in der Dritten Liga hinten anstellen müsse.

So sei an den Gerüchten um eine Verpflichtung des 33 Jahre alten Angreifers Martin Harnik (Werder Bremen) „auch überhaupt nichts dran“, sagt Schikorra. „Das ist nicht der Teich, in dem wir fischen.“ Enttäuschung darüber klingt nicht heraus. Beim VfB Lübeck genießen sie es schon, nicht mehr am Tümpel Regionalliga hocken zu müssen.