Villa der Erinnerung

„Friedenslabor“ in Osnabrück stellt Calmeyer-Konzept vor

So kann man’s auch machen: Da brodelt längst auch bundes- und weltweit eine Diskussion, die Diffamierungsattacken entfesselt, Emotionalisierungs- und Verallgemeinerungskampagnen, politische Winkelzüge – und das Pressegespräch dazu klammert all das aus.

Verständlich – einerseits. Die Osnabrücker Kulturverwaltung, auf geschichtswissenschaftliche Sachlichkeit und Differenzierung bedacht, demonstriert so, wie wichtig es ihr ist, die Lage zu deeskalieren. Andererseits: Einen ringsum tobenden Feuersturm einfach auszublenden, kann einen teuer zu stehen kommen.

Es geht um das Museumsquartier Osnabrück, das seine Villa Schlikker, einst Hauptquartier der örtlichen NSDAP, zu einem „Friedenslabor“ umgestaltet, einem Geschichtslernort. 2023 soll es losgehen, auch im Namen moderner Erinnerungskultur.

Aber es gibt Kräfte, etwa in der örtlichen CDU, die das unterminieren. Sie kämpfen dafür, dass die Villa zukünftig den Namen des Osnabrücker Juristen Hans-Georg Calmeyer trägt (taz berichtete), sich darauf konzentriert, ein Calmeyer-Erinnerungsort zu sein. Die Ambivalenz, dass Calmeyer – von März 1941 bis September 1944 hochrangiger NS-Verwaltungsbeamter in Den Haag – Mittäter des Holocaust war, auch wenn durch ihn Juden der Ermordung entgingen, verdrängen sie. Der Vorwurf ihrer Gegner: Whitewashing.

Eine hitzige Diskussion, die fast vergessen macht, dass es einen wissenschaftlichen Beirat gibt, der gute, sachliche Arbeit für das „Friedenslabor“ macht. Diese Arbeit will Kulturdezernent Wolfgang Beckermann, frustriert von den Vorstößen derer, die Calmeyer am liebsten zu einem Osnabrücker Oskar Schindler stilisieren würden, am Montag betonen, wenn er das „Ausstellungskonzept für die Villa Schlikker“ vorstellt. Das ist verständlich, einerseits. Andererseits ist es ein Augenschließen.

Es geht also nicht um den Namensgebungskrieg, für den die Villa in der Öffentlichkeit steht. Es sei denn, der Beiratsvorsitzende Alfons Kenkmann bezöge spontan Stellung – als Uni-Professor ist er meinungsfreier als die Kulturverwaltung es sein kann. Tut er es, rettet das den Tag. Tut er es nicht: Fragen sind erlaubt. Harff-Peter Schönherr