LESERINNENBRIEFE
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Das ist Neokapitalismus

■ betr.: „Das Gesicht des Nationalismus“, taz vom 7. 8. 12

Eigentlich – auch wenn sich Sahra Wagenknecht eingemischt hat – müsste der Artikel nicht Nationalismus, sondern Kapitalismus heißen. Aber interessant ist, dass dieselben Politiker, die im Bundestag für ein verfassungsfeindliches Gesetz zum Fiskalpakt keine Alternative sahen – womit dem Parlament de facto sein höchstes Hoheitsrecht, nämlich die Haushaltsplanung, nahezu entzogen und auf ein nicht demokratisch gewähltes Gremium übertragen werden soll –, nun dem italienischen Premierminister vorwerfen, dass er undemokratische Forderungen an Deutschland stellt. Entweder sind die kritisierenden Politiker dumm und können keine Zusammenhänge erkennen, oder es geht einfach darum, eigene Versäumnisse durch einen Fingerzeig auf andere aus dem „Schussfeld“ zu nehmen. Dazu kommt die von Deutschland verordnete „alternativlose Sparpolitik“(?), welche die Euro-Krise immer weiter vorantreibt statt hilfreich zu sein, weil sie die Wirtschaft der „Schuldenländer“ immer weiter in die Rezession treibt.

Aber wie hat schon Konrad Adenauer gesagt: „Was stört mich mein Geschwätz von gestern.“ Nur, Herr Dobrindt und Herr Brüderle merken gar nicht, dass sie eigentlich nur Geschwätz abliefern! Und immer wieder werden gerade von diesen beiden die deutschen Arbeitnehmer als die Verlierer ins Feld geführt. Klar, bei der Politik aller Regierungen, insbesondere auch der deutschen, ist das so, denn eine notwendige Einnahmepolitik, die das Kapital beträfe, wird nicht vollzogen. Und das ist nicht Nationalismus, sondern reiner Neokapitalismus. ALBERT WAGNER, Bochum

Grillen: Zubereitung mit Feuer

■ betr.: „Gender Grillsex“, taz vom 4. 8. 12

Eine Frauenfeindlichkeit reiht sich hier an die nächste und ein Klischee ans andere. Für wie oberflächlich muss der Autor das weibliche Geschlecht halten, wenn er tierethische Erwägungen oder simple persönliche Vorlieben bestenfalls für vorgeschoben hält vor den alles beherrschenden Wunsch, schlank zu sein?

Nicht nur, dass Helmut Höge offenkundig keinerlei Interesse an Ethik hat („diesen ganzen Schwachsinn“), zudem scheint er sich auch mit Essen nicht besonders gut auszukennen. „Grillen“ bezeichnet nämlich lediglich eine Zubereitungsart mit Feuer. Dass es sich beim Grillstück um ein Stück Fleisch handeln muss, ist ebenso wenig naturgegeben, wie der von Herrn Höge prognostizierte Gewichtsverlauf oder die Praxis der Partnerwahl von (vegetarischen) Frauen.

URSULA SACHSENRÖDER, Berlin

Der Wahnsinn hat System

■ betr.: „Der Wahnsinn hat einen Namen: SPD“, taz vom 6. 8. 12

Der Wahnsinn hat nicht nur einen Namen, er hat System. Rot-Grün traute sich zu Zeiten, als sie die Regierungsverantwortung im Bund hatten, nur an die Ärmsten mit der Hartz-IV-Regelung heran. Damit wurde das Ende der Sozialdemokratie eingeläutet.

Die schleichende Abschaffung des „Sozialen“ aus der „Sozialen Marktwirtschaft“ in Deutschland soll derzeit als Modell an die verschuldeten EU-Staaten als Wunderwaffe exportiert werden. Die Rettung des Privatvermögens von ca. 8 Billionen Euro der oberen 10 Prozent soll so gesichert werden.

Wenn dieser soziale Sprengstoff weiter angehäuft wird, bedarf es wohl nur eines kleinen Funkens bis zu einer Weltwirtschaftskrise. Dann bekommt man für die 8 Billionen Euro nur noch acht Brote. Zum Glück sind dann auch die Schulden der Ärmsten weg. Politiker haben aus der Geschichte noch nie Lehren gezogen.

DETLEF WULFF, Berlin

Berufliche Oberschulen

■ betr.: „Abitur an die Realschulen“, taz vom 3. 8. 12

Ein Artikel über bayerische Realschulen und Abitur. Fehlt da nicht etwas? Wo machen die bayerischen Realschülerinnen und Realschüler derzeit ihr Abitur? An der Beruflichen Oberschule!

Stimmt: Man sollte die Beruflichen Oberschulen mit den Realschulen verschmelzen, um den Schülerinnen und Schülern den zusätzlichen Schulwechsel zu ersparen. So wie den Gymnasiasten auch. Aber man sollte auch öffentlich machen, wie viele Schüler in Bayern ihr Abitur an der Beruflichen Oberschule machen. Dort kann man das allgemeine Abitur übrigens nach der 13. Klasse ablegen. Oder nach der 14. Klasse inklusive Facharbeiterbrief, wenn man eine DBFH-Klasse besucht, die die Berufliche Oberschule in Zusammenarbeit mit Berufsschulen anbietet. ROSEMARIE STEGER, München