meinungsstark
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Leserbericht: Rassismus im Alltag

Gestern fragte unsere Nachbarin meine Frau, ob wir jetzt, nach dem „Skandal mit dem Polizeiartikel“, noch die taz lesen. Danach habe ich unser Auto aus der Werkstatt geholt und Folgendes erlebt: Vor mir am Abhol- und Ersatzteilschalter steht ein schmächtiger junger Mann, wie ich mit Maske. Vielleicht zwanzig Jahre alt, unauffällig, weiße Hautfarbe, schwarzes, lockiges Haar. Er erklärt, dass er ein Spray haben möchte, da es sich bei seinem frisch erworbenen Gebrauchtwagen wohl um ein „Rauferauto“ handele. Der Angestellte verstand ihn nicht. Das Lispeln des jungen Kunden wurde durch die Maske verstärkt. Ich machte mich zum Mittler: „Er meint ein Raucher-Auto.“ Als der Junge weg war, sagte der Mann am Schalter: „Ja, ja, jetzt, wo so viele Schwarze hier rumlaufen, wird es immer schwieriger zu verstehen.“ Ich ärgere mich immer noch, dass mir keine passende Antwort eingefallen ist. Meine Frau sagte: „Du hättest bemerken sollen, ‚Ja, es wäre wohl schöner, wenn alle aus Winsen an der Luhe kämen.‘“ Merke ich mir fürs nächste Mal.

PS: Eigentlich möchte ich, dass die taz eine neue Rubrik eröffnet – LeserInnengeschichten solcher Art, etwa mit dem Titel „Unser täglicher Rassismus“. Merke: Die Polizei ist nur der Spiegel der Gesellschaft! Heinz Mundschau, Aachen

Deutsch-Rap: Zurück ins Mittelalter?

betr.: Diskriminierung im Deutsch-Rap

Ich bin Schülerin der zehnten Klasse. Im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste beschäftigt mich das Thema Diskriminierung in den letzten Wochen sehr. Rassismus genauso wie Sexismus und Antisemitismus. Aber ich habe das Gefühl, dass in diesen Diskussionen eine Szene ignoriert wird, die sich mit ihren Weltanschauungen zum Teil noch im Mittelalter befindet. Der Deutschrap. Suche ich im Netz nach Songs von Rappern wie „Bonez MC“, der 2016 der erfolgreichste deutsche Künstler auf Spotify war, so braucht es zwei Klicks und ich kann Zeilen hören wie „Hab aus langer Weile wieder eine Nutte herbestellt, weil mein Schwanz lutscht sich nicht von selbst“ oder „Baller um die fünfzig Schlampen in die Wohnung rein“ (Bonez MC, „Big Body Benz“). Oder: „Billige Bitches auf teuren Yachten“ (Farid Bang, „Scarface“). Das sind nicht nur einfach Sprüche, das ist vor allem sexistisch und frauenfeindlich. Mir macht diese Schattenseite der Musikrichtung Sorgen, weil diese Gesellschaft sie einfach toleriert. Weil es „normal“ ist, solche Musik zu hören. Stellt sich einer dagegen, so wird dieser verhöhnt. Es ist derjenige schuld, der das Problem benennt, und nicht derjenige, der das Problem verursacht.

Vera Krabbe, Ochtrup

Klimakrise und Wohlstandstrotz

„Klimakrise und Rassismus haben die gleiche Wurzel“,

taz vom 26. 6. 20

Sehr geehrte Frau Nowshin, danke für Ihren Artikel. Hannah Arendt bringt „Macht“ mit „einvernehmlicher Gefolgschaft“ in Verbindung. Wer ohne diese Gefolgschaft den eigenen Willen durchsetzt, übt nicht Macht, sondern Gewalt aus.

Auch unter den Stichworten „Gier“ und „Wohlstandstrotz“ kann ich gemeinsame Wurzeln von Klimakrise und Rassismus erkennen. Joachim Faber, Karlsruhe

Umgeben von Egoisten?

„Corona News: Gütersloh muss weiter stillhalten“,

taz vom 29. 6. 20

Nicht nur Politiker müssen sich fragen lassen, warum sie notwendige Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie nicht schneller und konsequenter umsetzen. Auch der Normalbürger – der sich nun künstlich aufregt, wenn er, weil er aus dem Corona-Hotspot Gütersloh kommt, in Urlaubsgebieten wie Mecklenburg-Vorpommern wieder nach Hause geschickt wird –, sollte mal endlich seine egoistische Sichtweise aufgeben. Mir fehlt hier wirklich das Verständnis. Ich selbst würde nie auf die Idee kommen, aus einem Corona-Hotspot heraus meinen Urlaub anzutreten und das Virus vielleicht dann in andere Regionen zu tragen! Thomas Henschke, Berlin