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Neue Leitlinie für KaiserschnitteOperationen reduzieren

Die Zahl der Kaiserschnitte in Deutschland ist zu hoch. Eine am Freitag veröffentlichte neue Leitlinie soll für weniger Eingriffe sorgen.

Jede dritte Geburt erfolgt per Kaiserschnitt Foto: dpa

Bremen taz | Eine am Freitag veröffentlichte medizinische Leitlinie zum geplanten Kaiserschnitt soll Ärzt*innen mehr Sicherheit bei der Entscheidung über den Geburtsmodus geben. Es handelt sich um eine Leitlinie der Klasse S3, die den höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen soll. In ihr spiegelt sich der aktuelle Forschungsstand wider. Die federführende Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe verspricht sich davon einen Beitrag zur Senkung der Kaiserschnitt­rate, wie ihr Vizepräsident Frank Louwen am Donnerstag der taz sagte. Louwen ist Professor für Geburtshilfe am Klinikum Frankfurt am Main und hat die Leitlinie ini­tiiert und koordiniert.

Zentral sind für ihn folgende Empfehlungen: Kaiserschnitte sollen erst in der 40. Schwangerschaftswoche und nicht mehr ab der 37. Woche terminiert werden. Frauen sollen früh zum Geburtsmodus beraten werden. Und Mutter und Kind sollen am besten noch während der Operation zusammengebracht werden, um die Bindung zu fördern.

Zum Hintergrund: Die Kaiserschnittrate steigt seit 2012 zwar nicht mehr an, ist mit 29 Prozent aber fast doppelt so hoch wie vor 30 Jahren. In skandinavischen Ländern dagegen ist sie auch heute noch so niedrig, und es sterben nicht mehr Mütter und Kinder, sondern teils sogar weniger.

Dabei ist der Kaiserschnitt mit gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind verbunden. In den vergangen Jahren wurden Studien publiziert, die ein erhöhtes Risiko für Asthma oder Diabetes Typ I zeigten.

Ärzt*innen, nicht Frauen sind verantwortlich

Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass nicht die Frauen für die hohe Rate verantwortlich sind, sondern dass die Entscheidung über den Geburtsmodus in den Händen der ärztlichen Geburtshelfer*innen liegt – und an ihren Fähigkeiten, auch komplizierte Geburten vaginal zu entbinden.

Genau an diesem Punkt soll die Leitlinie ansetzen. Denn bisher hätten sich Ärzt*innen zu oft an Gerichtsurteilen orientiert, die wiederum auf persönlichen Einschätzungen von Gutachtern in Haftungsprozessen beruhen. So hatte es Louwen vor vier Jahren der taz gesagt. Er kündigte zwei weitere S3-Leitlinien an. Bei der einen geht es um die Überwachung der fetalen Herztöne.

Jede fünfte Geburt wird abgebrochen, weil ein schlechter Zustand des Fötus vermutet wird. Eine dritte Leitlinie beschäftigt sich mit der vaginalen Geburt am Termin. Hier geht es vor allem darum, das Risiko für Komplikationen zu senken, die durch Eingriffe in den Geburtsverlauf entstehen und dann einen Kaiserschnitt nach sich ziehen.

Louwen sagte, die Leitlinien seien die Basis dafür, dass jetzt neue Strukturen in der Geburtshilfe geschaffen werden müssen, damit die Empfehlungen umgesetzt werden können.

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4 Kommentare

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  • Es liegt am Geld und der Organisation unseres Gesundheitssystems, oder?

    Eine Freundin deren Mutter Hebamme in einem Krankenhaus hat mir folgende Geschichte erzählt:

    Arzt ordnet Kaiserschnitt an. Während der Vorbereitung zur OP sagt die Hebamme zum Arzt: "Sie wissen schon: Die werdende Mutter ist Postbeamtin, niederer Dienst."

    Darauf bricht der Arzt die OP-Vorbereitungen ab, die Frau bekommt ihr Kind auf natürlichem Weg.

    Hintergrund dieser Geschichte ist, dass die Beihilfe (=Krankenkasse) beim niederen Dienst wohl nur den einfachen Satz für die OP zahlt: Das Krankenhaus (und die Abteilung des Arztes) verdienen nicht so gut daran.

  • und was passiert jetzt wenn die Frau aufwacht und doch aufgeschnitten wurde... das was heute wohl, wie man den Medien entnehmen kann, aus Kostengründen eher die Regel als die Ausnahme ist. Was passiert dann? Anzeige? Verhandlung? Bestrafung?

    Was sagen die auf Gewinn optimierten privatisierten Kliniken die schon gestern sagten, das Geburt nicht lohnt? Schätze die sind begeistert von dieser Regelung. Hat Spahn nicht aufgepasst wegen Corona, oder wieso konnte das durch gehen?

    • @danny schneider:

      Im Normalfall sollte frau nicht "aufwachen und feststellen, dass...", da sie im Normalfall durchgängig bei Bewusstsein ist im Verlauf so einer Geburt.



      Es geht eher darum, sich in wachem Zustand nicht "über den Tisch ziehen zu lassen" und vielmehr die Ermutigung und Unterstützung zu erfahren, die es braucht, um sich auf den Geburtsvorgang _wirklich_ einzulassen. Damit alles seinen Gang gehen kann. Die Psyche ist ein unglaublich wichtiger Faktor bei so einer Geburt.



      Natürlich gibt es auch andere Fälle, klar, von denen rede ich nicht. Aber oftmals wird eine Alternativlosigkeit dargestellt, die in Wahrheit nur mit einem Mangel an Geduld zu tun hat.

  • Na da bin ich ja mal gespannt.



    Wenn jetzt den Ärzten und Ärztinnen klar würde, dass eine reguläre Geburt nichts, aber auch gar nichts ist, was in ihren Kompetenzbereich fällt, und dass das, was man dafür im Regelfall braucht, emotionale Unterstützung und eine stressfreie Umgebung sind (sowie sauberes Wasser und ein paar klinische Utensilien), das wäre ja eine kleine Revolution.



    Disclaimer: Natürlich gibt es die Fälle, in denen man und frau froh und dankbar sind, dass es die moderne Notfallmedizin gibt. Und ja, ich möchte auch, dass diese Fälle möglichst glimpflicher ausgehen als vor 50 Jahren. Den Medizinern sei Dank dafür!

    Aber ich wäre glücklich, wenn nicht nur den Ärzten, sondern auch den schwangeren Frauen klar gemacht würde, dass - nunja, dass es seit ca. 1000000 Jahren in den allermeisten Fällen einfach sie selbst und ihr Instinkt waren sowie eine gute Hebamme, die eine gute und unkomplizierte Geburt zustande gebracht haben.