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wortwechselSoll der Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz raus?

Pro und Contra der Leser:innen zur Streichung des „Rassebegriffs“ im GG, Urlaub wegen Corona lieber zu Hause oder doch die Fernreise wagen? Wem hilft die Corona-Warn-App

Urlaub auf Balkonien Foto: Florian Gärtner/photothek/imago

Natur schlägt zurück?

„Fast ein Toter pro Minute“,

taz vom 12. 6. 20

Zu leben wie ein Vogel so frei, hoch über den Bäumen, übereinander, untereinander, nebeneinander, das muss wohl Schicksal sein. Der Tod ist ansteckend. Immer. Er nimmt uns mit auf seine Reise nach nirgendwo, ohne Rückkehr, ein Ticket ohne Rückfahrkarten. Treuer Begleiter, Schicksalsgott, was gibst du uns dafür, das du uns wegnimmst? Mehr Platz im Leben, so scheint es, bewahrt uns davor, dich zum Freund zu haben. Ist das wirklich so? Virus ist das Werkzeug der Natur, sie will uns lehren: nimm dich in Acht vor mir.

Claudia Großklaus, Hattingen

Mit Hund und Kegel

„Hin und weg im Sommer“,

taz vom 17. 6. 20

Über Pfingsten waren wir an der Müritz, Mecklenburg- Vorpommern, mit dem Campingbus urlauben. Mit Gepack, Fahrrädern, Hund und Hundewagen wäre der Zug da nicht möglich, obwohl ich sehr gut auf die lange Autofahrt von Baden- Württemberg aus verzichten könnte. Oft haben wir uns auf der Fahrt einen Autozug gewünscht, der unseren Bus stressfrei in die Ferne bringen würde.

Rita Czerwonka, Karlsruhe

Urlaub im Wald

„Ausbüchsen, denn Bewegung macht innerlich ruhig“, taz vom 17. 6. 20

Die wilde Freiheit einiger sind die Müllberge und Waldbrände der Anwohner*innen – und schließlich aller. Das Mikroabenteuer, oft auf Makro-Mountain-E-Bikes ausgelebt, fährt, parkt und zeltet Wald, Weiden und Wander*innen platt. Fragen Sie mal Land- und Forstwirte.

Hat mensch das zukünftige dort wachsende Essen niedergemäht, helfen ja vielleicht noch die viel geschmähte spießige Ravioli-Dose und ein Teebeutel aus Hamstervorräten. So vermüllt es sich noch lohnender. Ich bin explizit nicht spielverderberisch, sondern realistisch und wach in Wald und Welt unterwegs – schon immer.

Petra Große-Stoltenberg, Hattingen

App ächtet alte Handys

„Welche Folgen die App haben könnte“,

taz vom 17. 6. 20

Da wollte ich braver Bürger aus einer Risikogruppe mich an der Corona-App beteiligen und dann das: Mein altes, gut und für mich ausreichendes Smartphone läuft unter Android 5.0, aber die App läuft nicht:“Ihr Gerät ist leider zu alt. Die Schnittstelle und die App benötigen mindestens Android 6. Das ist so von Google vorgegeben, die die Schnittstelle für die App bereitstellen“, so das Open-Source-Team – auch eine Form von Obsoleszens?

Thomas Krueger, Alfeld

Feigenblatt

„NS-Relikte raus aus den Gesetzen!“,

taz vom 14. 6. 20

Das Wort Rasse habe ich bisher niemals mit Menschen klassifiziert, sondern immer nur bezogen auf Tiere. Diejenigen die das Wort Rasse in den Mund nehmen und daraus eine Zusammenfassung wie Rassismus formulieren, sollten sich Gedanken machen, warum sie Rasse mit Menschen gleichsetzen. In der Beziehung fallen wir alle unter Rassisten und demonstrieren gegen oder für uns selbst.

Im Falle des amerikanischen Bürgers geht es nicht um Rassismus, sondern um Gewalt, die ein Mensch gegen einen anderen Menschen vollzogen hat. Diese Gewalt sehen wir in allen anderen Ländern und die Farbe der Haut oder die Herkunft spielen dabei keine Rolle. Wenn also Demonstrationen, dann für all die Menschen, die durch Gewalt von Obrigkeiten Schaden, Schmerzen, Missbrauch oder den Tod erleiden.

Die Streichung des Wortes Rasse aus dem Grundgesetz ist nicht mehr als ein Alibi, sich einen einen menschenfreundlichen Anstrich zu geben.

Peter B. Sanden, Oldenburg

Kein NS-Überbleibsel

„NS-Relikte raus aus den Gesetzen!“,

taz vom 14. 6. 20

Ich komme um einen Widerspruch nicht herum. „Rasse“ ist kein Relikt der NS-Zeit.

Den zunächst in Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, dann 1993 in Art. 16a GG aufgenommenen Satz „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ hat die deutsche Rechtsprechung von Beginn an mit der 1951 auf einer UN-Sonderkonferenz verabschiedeten Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ausgefüllt (Art. 1 A Nr. 2; in der maßgeblichen englischen Fassung: „race): Der Ausdruck „Flüchtling“ findet auf jede Person Anwendung, die aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe das Land seiner Staatsangehörigkeit verlassen hat.

Die GFK erhielt 1953 für Deutschland Gesetzeskraft und ist Grundlage der EU-Regelungen für den Flüchtlingsschutz. „Rasse“ hat damit keine NS-Vergangenheit und meint auch kein durch eine Wissenschaft gestütztes Rassenkonzept.

Andreas Kleine-Tebbe, Hannover

Korrektes Grundgesetz

„NS-Relikte raus aus den Gesetzen!“,

taz vom 14. 6. 20

Es mag sein, dass die Autor*innen des Grundgesetzes davon ausgegangen sind, dass „Rasse“ eine biologisch bestimmbare Kategorie sei.

Dem im Grundgesetz festgeschriebenen Schutz jedes Menschen vor einer Diskriminierung wegen seiner Rasse tut das keinen Abbruch: Das „wegen“ bringt ja bereits zum Ausdruck, dass es sich um eine Zuschreibung handelt. 1949 war es noch gegenwärtig: Um während der Naziherrschaft ermordet zu werden, musste man nicht Jude oder Kommunist oder geistig behindert sein; es genügte, dafür gehalten zu werden. Höchstwahrscheinlich ist man beim Abfassen des Grundgesetzes auch von einem biologisch-bipolaren Geschlechterbegriff ausgegangen, und man ist auch nicht vor der Verwendung des Begriffs „Heimat“ zurückgeschreckt. Heißt das nun, dass wir das Grundgesetz je nach aktuellem Stand der Debatte politisch korrekt soziologisieren müssen? Also wenn, dann doch bitte gründlich, damit wir das nicht jedes Jahr erneut machen müssen. Matthias Knuth, Hattingen

S-Bahn durch Mahnmal

„Eine gesellschaftliche Baustelle“,

taz vom 14. 6. 20

Ist es zu glauben, dass eine Deutsche Bahn sehenden Auges und wissenden Kopfes davon ausgeht, dass es ohne weiteres geht, eine S-Bahn-Trasse mitten durch dieses spät und mühsam genug errungene Mahnmal der Sinti und Roma zu legen, auch wenn man es damit zerstört? In einer Zeit der täglichen Debatten und ständigen Demos zum Thema Rassismus? Es ist empörend und ich kann es nicht fassen! Es ist ja wohl niemand von den Planern der Deutschen Bahn zu jung, um wissen zu können, dass mindestens 500 000 Sinti und Roma von Deutschen im Holocaust ermordet wurden.

Fridburg Thiele, Berlin

Anspruchsvolle Aufgabe

„NS-Relikte raus aus den Gesetzen!“,

taz vom 14. 6. 20

Was hat der Terminus „Rasse“ (noch) in unserer Verfassung zu suchen, wenn es denn, wie wissenschaftlich belegt, nur ein und dieselbe menschliche Rasse gibt? Das tiefersitzende Problem stellen jene Mitstreiter dar, die sich leider nur allzu gern einer grundsätzlich reaktionären und archaischen Denk- und Lesart bedienen. Es stellt sich also die Frage, ob der juristische Horizont, bei allen ausreicht für eine vom Grundgesetz insinuierte Gleichberechtigung der menschlichen Würde, bliebe uns das unbestritten differenzierende Unwort „Rasse“ auch nur deskriptiv erhalten. Die Aufklärung des Menschen ist freilich nicht abgeschlossen, sie muss und sie wird immer weitergehen. Wahrheit und Richtigkeit einer Aussage sollten dabei unbedingt ein dementsprechendes juristisches Echo finden.

Matthias Bartsch, Lichtenau

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