Gegen den Mietenwahnsinn

2.000 Menschen demonstrieren für einen Mietenerlass und den Erhalt bedrohter Häuser und Projekte

Von Peter Nowak

„Kannst du deine Miete auch nicht mehr bezahlen?“ Diese Frage steht auf einen großen Transparent, das am Samstagnachmittag am Potsdamer Platz für Aufmerksamkeit sorgt. Unter dem Motto „Shut down Mietenwahnsinn“ haben sich trotz Dauerregens rund 2.000 Menschen versammelt Die Berliner MietrebellInnen, ohne die es keinen Mietendeckel gegeben hätte, melden sich nach dem Shutdown zurück.

„Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause wollten wir noch mal deutlich machen, dass der coronabedingte Mietenaufschub für viele Menschen nur bedeutet, dass ihre Schulden wachsen“, erklärt Kim Meyer von Berliner Mietenwahnsinn-Bündnis der taz. Er verweist darauf, dass die HauseigentümerInnen von dem Schuldenerlass profitieren, weil die MieterInnen Zinsen für die Stundungen zahlen müssen. „Diese Mehrkosten führen auch dazu, dass sich viele MieterInnen in anderen Bereichen des Lebens einschränken, nur um die Miete zahlen zu können“, sagt eine Rednerin auf der Auftaktkundgebung. Sie bezeichnet es als zynisch, wenn der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen kürzlich in einer Pressemittelung verkündete, dass im Zusammenhang mit Corona nur wenige Anträge auf Mietstundungen eingegangen sind. „Es ist eine Tatsache, dass in der Coronakrise viele Privathaushalte und Gewerbetreibende starke Einkommenseinbußen hinnehmen mussten und deshalb ihre Miete nicht mehr zahlen können“, begründet die Rednerin die zentrale Demoforderung nach einen bundesweiten Mietenerlass.

Viele DemoteilnehmerInnen tragen Plakate mit den Straßennamen ihrer Wohnhäuser, die oft vor Kurzem verkauft wurden. „Osko bleibt“ stand auf einem Transparent, das BewohnerInnen des Gebäudekomplexes Osloer Straße/Koloniestraße trugen. Sie fordern vom Bezirk die Wahrnehmung des Vorverkaufsrechts, nachdem die Häuser von der schwedischen Skjerven Group erworben wurden. Die BewohnerInnen haben sich bereits um 12 Uhr auf einer von der Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“ organisierten Kundgebung am Leopoldplatz beteiligt, bevor sie zum Potsdamer Platz gefahren sind.

Auch MieterInnen von Häusern, die von der Deutsche Wohnen gekauft wurden, beteiligen sich mit eigenen Schildern an der Demonstration. Sehr präsent sind auch die AktivistInnen des Bündnisses „Deutsche Wohnen enteignen“, die für das von ihnen initiierte Volksbegehren werben.

Die Demo endet vor dem räumungsbedrohten Jugendzentrum Potse. Im vorderen Block haben sich UnterstützerInnen zahlreicher weiterer bedrohter linker Projekte versammelt. Auf der Abschlusskundgebung wird zur Solidarität mit dem Kreuzberger Kneipenkollektiv Meuterei, dem Syndikat in Neukölln und dem Wohnprojekt Liebig 34 in Friedrichshain aufgerufen.