Laumann geht Klinken putzen

Auf Ausbildungstour: NRW-Arbeitsminister will „vorbildliche Unternehmen“ besuchen und bis Weihnachten jedem Jugendlichen eine Lehrstelle anbieten. Kritik an Zeitverträgen für Lehrer

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Es ist seine erste Pressekonferenz als NRW-Arbeitsminister. Düsseldorf, Stadttor: der Regierungssitz. Karl-Josef Laumann (CDU) ist nervös. Blickt fortwährend seine Berater an, vergewissert sich. Und stellt Eckpunkte vor, wie er die arbeitslose Jugend Nordrhein-Westfalens in Lohn und Brot bringen will. Erster Schritt: die Ausbildungstour. Im August wird Laumann durch 16 Ausbildungsbetriebe ziehen. Das hat auch Wolfgang Clement gemacht, als er noch einfacher Minister in NRW war. Also abgekupfert? Nicht doch. Laumann will alles anders machen.

„Ich fahre nicht mit dem Bus durch die Gegend und suche nach Lehrstellen“, sagt Karl-Josef Laumann in Anspielung auf Clement. Stattdessen wolle er Unternehmen besuchen, die vorbildlich seien und sich um die betriebliche Ausbildung besonders verdient gemacht hätten. Der Schwerpunkt liege auf kleinen und mittleren Unternehmen. Die sollen solchen Firmen als Vorbild dienen, die bisher nicht ausbilden. Denn Laumann hat ein Ziel: Bis „spätestens Weihnachten“ will der Arbeitsminister jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen ein Angebot unterbreiten.

Ein ehrgeiziges Ziel: In NRW fehlen derzeit rund 28.000 Ausbildungsplätze. Bei etwa 15.000 freien Lehrstellen sind rund 43.000 Jugendliche auf der Suche nach einem Arbeitsplatz. Weit mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Mit einer Ausbildungstour wird es daher wohl nicht getan sein, das weiß auch Laumann. Deshalb will der Christdemokrat prüfen, wie er es den Unternehmen schmackhafter machen kann, neue Ausbildungsplätze anzubieten: zum Beispiel durch die Abschaffung des zweiten Berufsschultages. Zwei Tage büffeln pro Woche plus einen halben Tag Urlaub, also nur zweieinhalb Tage an der Werkbank – das sei nicht das Wahre. Allerdings sei nur ein Tag Berufsschule für die meisten Berufe wohl nicht möglich, gibt Laumann zu.

Der Minister sagt, was viele Politiker sagen, seit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sein Arbeitsplatz-Versprechen nicht halten konnte: dass Politik allein keine Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen könne. Politik könne aber motivieren. Und das ist laut Laumann dringend nötig. Denn in NRW bildet von drei Unternehmen bisher nur eines aus. Das will der Minister ändern.

Während Laumann die Klinken der vorbildlichen Betriebe putzt, schwärmen 100 Mitarbeiter der Telekom-Beschäftigungsgesellschaft Vivento auf Geheiß des Ministers aus, um in weniger vorbildlichen Unternehmen für Ausbildungsplätze zu werben. Der Mangel an Lehrstellen ist allerdings nicht das einzige Problem. Die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichte gestern die aktuellen Arbeitslosenzahlen: Demnach ist die Zahl der Arbeitslosen im Juli erneut gesteigen – um 23.000 auf 1.005 Millionen. Dabei nimmt die Jugendarbeitslosigkeit weiter zu. Aber auch die Lage der arbeitslosen Lehrer hat sich verschärft. Im Juli waren fast 8.000 Pauker mehr ohne Job als im Monat zuvor. Grund: Lehrer mit Zeitverträgen werden in den Schulferien nicht weiter beschäftigt. Und was sagt Laumann dazu? Aus Sicht des Arbeitsministers sei das nicht in Ordnung. „Da müssen wir zu neuen Verträgen kommen“, sagt der Minister, verweist aber sogleich auf den Kurs der neuen Landesregierung, die zu Schuljahresbeginn 1.000 neue Lehrer fest einstellen will.

Hier schließt sich der Kreis zur Ausbildungstour. Mit 1.000 neuen Lehrern will die Landesregierung die Bildung der Schulabsolventen verbessern. Denn PISA und der Länderkampf um die besten Schüler ist das eine. Das andere ist, dass nach Laumann 15 bis 20 Prozent eines Entlassungsjahrgangs „so nicht ausbildungsfähig sind“. Eine schlechte Grundlage.