Kein Wille zum Frieden in der Elfenbeinküste

Von Demobilisierung und freien Wahlen ist nach den jüngsten bewaffneten Auseinandersetzungen keine Rede mehr

COTONOU taz ■ Die Worte des Vizechefs der UNO-Friedensmission in der Elfenbeinküste wirkten wenig erbaulich. „Ich hoffe, dass sich die Lage nicht noch verschlimmert“, sagte Alan Doss im UN-Radio des Landes nach den Angriffen unbekannter Täter auf mehrere Städte im von der Regierung kontrollierten Teil der Elfenbeinküste, bei denen zu Beginn der Woche zwei Dutzend Menschen getötet wurden.

Pessimismus wird das Gefühl von Alan Doss sein, wenn er demnächst die Elfenbeinküste verlassen und ein Land weiterziehen wird: als Chef zur UNO-Friedensmission in Liberia, nach der Anzahl der Soldaten die größte weltweit. Nicht dass dann die Arbeit des britischen UNO-Karreristen einfacher wird. Aber in Liberia und auch in Sierra Leone fühlt man einen Willen zum Frieden. In der Elfenbeinküste haben die Wortführer der Gesellschaft diese Einsicht noch nicht.

Im Gegenteil. Seit den Angriffen zu Beginn dieser Woche übernehmen radikale Positionen zunehmend die Politik. Der Scharfmacher Charles Blé Goudé, Chef der radikalen „patriotischen“ Milizen in Abidjan, hat jetzt so viel Macht, dass er im Staatsfernsehen Versammlungen der Opposition und den Verkauf oppositioneller Zeitungen auf weiteres verbieten konnte. Der Chef der Regierungspartei FPI (Ivorische Volksfront) von Staatschef Laurent Gbagbo bezichtigte die UNO-Truppen und die französische Eingreiftruppe der Passivität und Komplizenschaft bei den jüngsten Angriffen und spricht von ausländischen Söldnern unter den Tätern. Die Führung unter Präsident Gbagbo geht erneut in Stellung gegen die ausländischen Truppen. Einheiten der Franzosen und der UNO brauchten bis zu zwei Tage, bis sie die betroffenen Orte erreichen konnten. Radikale Jugendliche verwehrten ihnen den Zugang.

Aber auch die zivile Opposition und die Rebellen im Norden des Landes tragen Mitschuld, dass die Elfenbeinküste auch drei Jahre nach dem Ausbruch der Rebellion faktisch gespalten bleibt. Gbagbo hatte nach monatelangem Gezerre gewisse Zugeständnisse gemacht – zum Beispiel die Zulassung seiner Gegner zu den geplanten Präsidentschaftswahlen und Reformen im Staatsbürgerschaftsrecht. Die Rebellen hingegen haben noch nichts vorzuweisen. Ihr einziges Druckmittel sind die Waffen, weshalb sie vor einer Entwaffnung, wie sie die Friedensabkommen vorsehen, alles herausholen müssen – alles oder nichts.

In diesem Klima kommen alle möglichen Anschuldigungen auf den Tisch. Oppositionelle sagen, Gbagbo selbst habe die jüngsten Attacken angezettelt, um sich den lästigen Friedensprozess vom Hals zu schaffen. Das Regierungslager wiederum behauptet, die Opposition wolle die Wahlen verhindern, und hält die zivile Opposition für politische Vollstrecker der Rebellen.

Ein westlicher Diplomat sagt gegenüber der taz, dass es schon logistisch nicht machbar sei, die Demobilisierung der Bürgerkriegsparteien fristgemäß Ende Juli starten zu lassen und somit tatsächlich Ende Oktober Wahlen im ganzen Land zu ermöglichen. Vom politischen Willen ganz zu schweigen, so der Diplomat weiter. Sowohl in Bouaké, dem Sitz der Rebellen, als auch in Abidjan, der Metropole im Süden des Landes, schwant es den Menschen, dass dieser Konflikt noch lange nicht gelöst ist. Es macht sich Fatalismus breit. Viele sprechen davon, dass eine Gewaltlösung wohl unausweichlich sei: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

HAKEEM JIMO