„Ich war nie ostalgisch“

„Wartesaal Deutschland“ im St. Pauli Theater

■ absolvierte ein Schauspielstudium in Hannover und spielt oft am St. Pauli Theater. FOTO: THEATER

taz: Frau Boche, worum geht‘’s im „Wartesaal Deutschland“?

Anja Boche: In 20 Monologen sprechen Gewinner und Verlierer der Wende über ihre Vorurteile, über Euphorie und Enttäuschung. Ich spiele drei Charaktere: Eine Ökonomiestudentin, eine Stripperin, die in der DDR auf SED-Parteiveranstaltungen auftrat und eine Modestudentin aus Halle. Die Monologe basieren auf Interviews, die Autor Klaus Pohl zur Wendezeit führte. Sie werden durch Doku-Material ergänzt.

Sie kommen aus Schwerin. Wie haben Sie die Wende erlebt?

Als die Mauer fiel, war ich zwar erst acht, an die Montagsdemos erinnere ich mich aber schon. Als ich zum ersten Mal rübergefahren bin, schien mir alles überwältigend. Auf die Euphorie folgte aber schnell Desillusionierung.

Warum sind Sie nach dem Abitur in den Westen gegangen?

Ich war neugierig. Außerdem konnte ich die Ostalgie nicht nachvollziehen, den Wunsch, den Osten zurück zu wollen.

Gab es im Westen Vorbehalte?

Ja, und die habe ich auch zu spüren bekommen. Sie bestehen teilweise immer noch. Manche haben mich angeguckt, als käme ich von einem anderen Stern. Ich musste unglaublich viel erklären. Viele Vorurteile erschienen mir wie in Stein gemeißelt. Die Menschen in Deutschland sollten vielleicht die Andersartigkeit von Ost und West endlich mal als wertvolle Vielfalt annehmen. INTERVIEW: RWI

20 Uhr, St. Pauli Theater