Genossen wollen Betriebsrat loswerden

Die Sparda-Bank hat einem Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt – weil er angeblich heimlich an einer Telefonkonferenz teilnahm. Nun geht es vor das Arbeitsgericht

Freundlich und fair? Scheint nicht für gleichermaßen zu gelten Foto: Tobias Hase/dpa

Von Nadine Conti

Bei der Sparda-Bank Hannover liegen der Vorstand und der Betriebsrat im Clinch – so sehr, dass der Fall nun bald vor dem Arbeitsgericht landet. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, solche Prozesse gibt es zuhauf. Ungewöhnlich ist eher die Art, mit der die Gewerkschaft Verdi vorher schon die Öffentlichkeit sucht. „Heute starten wir unsere Kampagne: Detlev bleibt – denn gemeint sind wir alle!“, verkündet Jörg Reinbrecht, der für Finanzdienstleistungen zuständige Landesfachbereichsleiter am Donnerstag in Hannover.

„Detlev“ ist der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates der Bank, Detlev Hagenkord. Die Sparda-Bank hat ihm fristlos gekündigt. „Aus nichtigem Anlass“, behauptet Dirk Sievers, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates.

Die Sparda-Bank wirft Hagenkord vor, heimlich an einer Telefonkonferenz teilgenommen, Mitarbeiter belauscht und damit das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört zu haben. So jedenfalls referiert es der Betriebsrat – die Bank selbst wollte sich zu den Details nicht äußern, schrieb in einer schriftlichen Stellungnahme nur von „einem schwerwiegenden Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte unserer Mitarbeiter“.

Die Betriebsräte stellen den Fall allerdings noch ganz anders da: Hagenkord habe in Gegenwart von mehreren Kollegen, ganz offen sichtbar, an einer routinemäßigen Telefonkonferenz teilgenommen. Zu der werden jeweils die Teams mehrerer Filialen in der Region zusammen geschaltet.

Ja, es sei ein Fehler gewesen, dass er sich dazu nicht offiziell angemeldet habe – andererseits sei es bei diesen regelmäßig stattfindenden Konferenzen eben gar nicht üblich, dass sich jeder einzelne Teilnehmer namentlich vorstellt. Es melden sich nur die jeweiligen Standorte, erläutert Sievers.

Hagenkord war mit einem Kollegen aus dem Fachteam ein wenig verspätet in den Raum gekommen, weil die Einwahl in dessen Büro nicht klappte. Er habe die schon laufende Konferenz nicht durch eine Unterbrechung stören wollen. Zu der Teilnahme war er durch eine Kollegin aufgefordert worden, weil es Konflikte um Urlaubs- und Vertretungsregelungen gab.

Die Geschäftsleitung feuerte sowohl Hagenkord als auch besagten Kollegen. Weil Hagenkord aktives Betriebsratsmitglied ist, konnte der Betriebsrat der Kündigung widersprechen – der Kollege hingegen musste erst einmal gehen. Er klagte, erzielte einen Vergleich und suchte sich einen neuen Job.

Hagenkords Verfahren wurde vom Arbeitsgericht in Bielefeld, wo der Vorfall stattfand an das Arbeitsgericht in Hannover verwiesen – und blieb dort Corona-bedingt erst einmal liegen. In zwei Wochen soll nun die erste Güteverhandlung stattfinden.

In der Zwischenzeit, behaupten Verdi und der Betriebsrat, habe man alles versucht, um mit der Geschäftsführung ins Gespräch zu kommen – vergeblich. Die Gewerkschafter vermuten deshalb, dass der Vorstand hier um jeden Preis ein aktives Betriebsratsmitglied loswerden wollen, um ein Exempel zu statuieren.

Der Vorstand wirft dem Mann das Abhören von Beschäftigten vor – er hatte mit Kollegen an einer Telefonkonferenz teilgenommen

Hintergrund könnte sein, dass die Sparda-Bank Hannover eG zu den wenigen Genossenschaftsbanken gehört, in denen Verdi 2014 einen Tarifvertrag durchgesetzt hat. Möglicherweise ist der Vorstand mit der Sonderrolle nicht so glücklich, mutmaßt Gewerkschaftssekretär Jörg Reinbrecht. Jedenfalls sei die Betriebsratsarbeit in den vergangenen sechs Jahren immer schwieriger geworden.

Die Sparda-Bank Hannover ist eine von insgesamt zwölf Sparda-Banken in Deutschland. Sie hat Zweigstellen in den Bundesländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bremen. Ihre Bilanzsumme liegt bei über fünf Milliarden Euro, womit sie zu den größten Genossenschaftsbanken in Norddeutschland gehört.

Die zahllosen Umstrukturierungen im Bankwesen – bedingt durch Digitalisierung und Niedrigzins – sorgen allerdings ganz offensichtlich nicht nur bei der Sparda für Verwerfungen.

Gleich im Anschluss an das Pressegespräch lotst Reinbrecht die anwesenden Journalistinnen zu einer weiteren Protestaktion: Um die Ecke protestieren Postbank-Mitarbeiter:innen dagegen, dass ihr Arbeitsplatz von Hannover Hameln nach verlegt werden soll. Die Deutsche Bank, zu der die Postbank gehört, will die Filiale in Hannover schließen und die rund 500 Arbeitsplätze verlagern – für die überwiegend weiblichen Teilzeit-Beschäftigten im Callcenter der Bank lohnt sich eine so weite Fahrt allerdings kaum.