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Quarantäne auf dem Papier

Einreisende nach Großbritannien müssen ab sofort in 14-tägige Corona-Selbstisolation. Theoretisch jedenfalls. Praktisch bleiben viele Fragen offen, und es ist derzeit ohnehin kaum jemand unterwegs

Von Dominic Johnson

In Großbritannien sind strenge Quarantäneregelungen für Einreisende in Kraft getreten. Seit Montag muss jede Person, die ins Land kommt, in eine 14-tägige Selbstisolation, auch britische Staatsbürger. Bei der Einreise müssen Adresse und Kontaktdaten auf einem Formular hinterlegt werden. Wer seine Isolation bricht, muss mit einer Geldstrafe von 1.000 Britischen Pfund (1.120 Euro) rechnen. Die Polizei ist berechtigt, die Einhaltung zu überwachen.

Die neuen Regeln sind auf verbreitete Kritik gestoßen. Als die Coronapandemie im März ihren Höhepunkt erreichte, war Großbritannien eines der ganz wenigen Länder auf der Welt, das keinerlei Einreisebeschränkungen, Isolationsbestimmungen oder auch nur Gesundheitschecks bei der Einreise verfügte. Jetzt kommen die Beschränkungen just in einem Moment, in dem ein Land nach dem anderen ähnliche Bestimmungen wieder aufhebt, mit dem Ergebnis, dass Briten erst nicht reisen konnten, weil andere Länder niemanden hereinließen, und jetzt im eigenen Land Schwierigkeiten bekommen, wenn sie es tun.

Dazu kommt, dass die neuen Regeln eine lange Liste von Ausnahmen enthalten. Ausgenommen sind so gut wie alle Menschen, die im Sicherheitsbereich, im Gesundheitswesen, im Verkehr oder in anderer notwendiger Infrastruktur arbeiten, 42 Kategorien von Beschäftigten insgesamt. Wer aus Irland einreist, ist generell ausgenommen – theoretisch kann man also aus der ganzen Welt die neuen Regeln umgehen, wenn man unterwegs in Irland umsteigt.

Briten oder Ausländern mit Aufenthaltsrecht kann nicht die Einreise verweigert werden, wenn sie keine Angaben machen, und hinterlegte Adressen lassen sich auf die Schnelle nicht überprüfen. Wie die Polizei jemanden finden soll, der falsche Daten angibt, bleibt also offen. Außerdem müssen Einreisende an Flughäfen dann sowieso erst mal auf eigene Faust zur Isolationsadresse weiterreisen, was unter normalen Umständen lange Fahrten in vollen U-Bahnen und Flughafenzubringern bedeutet.

Alle britischen Fluglinien haben massiv gegen die neuen Regeln protestiert. Die britische Regierung setzt hingegen darauf, dass zumindest der Reiseverkehr mit der Europäischen Union bereits im Juli wieder zur Normalität zurückkehrt. Möglicherweise werden aber schon in der kommenden Woche Eilanträge der Fluglinien vor Gericht gegen die neuen Regeln erfolgreich sein.

Andererseits wird erst einmal ohnehin kaum gereist. Nach wie vor ist in Großbritannien eine weltweite Reisewarnung in Kraft. Die Billigfluglinien fliegen gar nicht. Hotels dürfen erst ab 4. Juli wieder öffnen. Bis sich das alles ändert, sind die neuen Regeln womöglich schon Geschichte.