corona in hamburg
: „Das macht die Frauen sehr unsicher“

Foto: privat

Andrea Sturm 63, ist seit 42 Jahren Heb­amme und Vorsitzende des Hebammen-Verbandes Hamburg.

Interview Michelle Bauermeister

taz: Frau Sturm, sind Sie systemrelevant?

Andrea Sturm: In Hamburg weiß ich nicht, ob wir als systemrelevant eingestuft sind, aber die Behörde hat uns versorgt. Unser Verband findet, dass Hebammen systemrelevant sind. Aber das wird in den Bundesländern unterschiedlich bewertet – und überwiegend werden wir es nicht.

Finden vermehrt Hausgeburten statt?

Nein. Die Kolleginnen können nicht mehr annehmen, als sie es schon getan haben. Sie waren ausgebucht. Aber es gab deutlich mehr Anfragen zur Hausgeburt. Ich glaube, es beschäftigt die Frauen nicht, ob sie eine Maske tragen müssen oder nicht. Die Frauen beschäftigt, dass ihr Partner oder ihre Partnerin bei der Geburt in manchen Kliniken erst dabei sein darf, wenn die Frau in den Kreißsaal kommt. Es wird sehr unterschiedlich gehandhabt und verändert sich immer wieder. Das macht die Frauen sehr unsicher.

Wie betreuen Sie derzeit Schwangere?

Man macht nur die nötigsten Hausbesuche. Viele mischen das mit digitaler Beratung. Und die Kolleginnen haben eine ganz klare Hygienevorschrift. Sie tragen eine Maske und die Frau auch. Man versucht Abstand zu halten. Wenn wir die Frau oder das Baby untersuchen, sprechen wir nicht. Weil wir ihnen sehr viel näher kommen als 1,5 Meter, ist der Maskenschutz nicht ausreichend. Es darf kein Besuch da sein. Der Partner oder die Partnerin dürfen möglichst auch nicht im Raum sein – nur mit genügend Abstand und Maske. Die Frau muss vorher melden, wenn sie Kontakt zu jemanden mit Corona hatte.

Dabei ist die Geburt ein sehr intimer Moment.

Die Geburt ist der intime Moment, der stark reglementiert ist. Natürlich macht das unsicher. Das löst die Sorge aus, dass der Partner oder die Partnerin es nicht zur Geburt schafft. Die Frauen sind unbetreut von ihrer Familie im Wochenbett in der Klinik. Sie beschäftigen sich permanent mit Dingen, die außerhalb dessen liegen, dass man gerade den elementarsten Moment in seinem Leben erlebt und eine kleine Familie wird.

Wie unterstützen Sie Hebammen?

Ich versuche, alle Informationen zu Corona auf unserer Homepage zu sammeln, und schreibe Informationsnewsletter. Ich berate die Kolleginnen, wenn sie Fragen dazu haben. Es ist nicht geregelt, wo Kolleginnen zu diesen Themen beraten werden. Das machen wir als Berufsverband.