Antragsstau in Neukölln

Wohngeldfolgeantrag und Aus­zahlung von Wohngeld lassen auf sich warten. Nicht erst seit Corona

Von Peter Nowak

„Jetzt sind mehr als drei Monate vergangen, seit ich die Antragsbestätigung für meinen Wohngeldfolgeantrag erhalten habe“, sagt Ewa Willig. „Bis heute habe ich weder einen Bescheid erhalten noch Wohngeld auf meinem Konto.“ Die ehemalige Kommunalpolitikerin der Grünen lebt in Neukölln und ist auch als Seniorin weiterhin in sozialen Bewegungen engagiert. Sie sei an die Öffentlichkeit gegangen, weil sie sich sicher sei, dass es sich um keinen Einzelfall handelt, betont Willig.

Weil Ewa Willig nur einen geringen Wohngeldzuschuss bekommen habe, konnte sie die ausgefallenen Beträge von ihrer Rente bezahlen, sodass ihr Mietverhältnis nicht gefährdet ist. „Doch wo sollen Menschen das Geld hernehmen, deren Wohngeld viel höher ist?“

Der Geschäftsführer des Berliner MieterInnenvereins Reiner Wild bestätigte gegenüber der taz, dass Willigs Sorgen berechtigt sind. „Wir hatten in den letzten Wochen eine zweistellige Zahl von MieterInnen, die Erst- oder Folgeanträge für Wohngeld gestellt haben und nach der Eingangsbestätigung keinen Bescheid und kein Geld erhalten haben“, erklärte Wild. Es habe sich ausnahmslos um MieterInnen aus Neukölln gehandelt.

Der Neuköllner Sozialstadtrat Jochen Biedermann erklärte gegenüber der taz, dass die Probleme bekannt sind. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Rückstände im Wohnungsamt abzubauen“, erklärte Biedermann mit Verweis auf Personalaufstockungen. Nachdem zum 1. Mai zwei neue Kolleg*innen im Wohngeldbereich eingestellt wurden, komme am 1. Juli eine weitere Stelle hinzu.

Schon länger Antragsstau

Der Antragsstau sei allerdings nicht nur eine Folge der Coronapandemie, betont Biedermann. „Die Zahlen sind schon seit Anfang des Jahres deutlich erhöht, weil zum 1. Januar dieses Jahres die Wohngeldnovelle in Kraft getreten ist und damit mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld haben.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hatte am 9. April in einer Pressemitteilung den Bezirksämtern empfohlen, laufende Wohngeldanträge automatisch zu verlängern. „Die Organisation der Arbeitsabläufe zählt zu den eigenständigen Aufgaben des Bezirksamtes“, betont Katrin Dietl, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Das Bezirksamt Neukölln kann mit der Empfehlung jedoch wenig anfangen. „Eine automatisierte Weiterbewilligung ist technisch und rechtlich im Wohngeldbereich nicht möglich“, unterstreicht Biedermann. „Es ist jedes Mal eine Prüfung erforderlich.“