Da ist ja noch die Kunst (Teil 4) Geknechtete Kreaturen

Häufig ist in den Bildern von Pieter Bruegel die geknechtete und gefährdete Kreatur zu sehen, die der Maler der niederländischen Renaissance mit einem präzisen und scheinbar mitleidlosen Blick festgehalten hat. Um ihn von seinen gleichfalls bekannt gewordenen malenden Söhnen zu unterscheiden, wird er mit „der Ältere“ datiert. Man kennt ihn auch als den „Bauernbruegel“.Und man kennt seine Bilder, selbst wenn man vielleicht gar nicht weiß, dass er die gemalt hat. So ikonisch sind viele seiner Darstellungen geworden. Da ist zum Beispiel der „Große Turmbau zu Babel“: Der hängt im Kunsthistorischen Museum Wien, wo man laut Homepage des Museum trotz mancher Lockerung bei den Coronamaßnahmen in Österreich mit einer Wiederaufnahme des Betriebs „voraussichtlich“ ab 1. Juli rechnet.Oder „Der Blindensturz“, das Prunkstück im Museo di Capodimonte in Neapel. Dort bleibt das Museum vorerst bis 3. Mai geschlossen. Und in München wäre in der Alten Pinakothek „Das Schlaraffenland“ zu besichtigen – wenn das Haus eben nicht aufgrund der allgemeinen Social-Distancing-Maßnahmen gerade geschlossen wäre. So wie natürlich auch die Gemäldegalerie am Kulturforum, die wie alle Häuser der Staatlichen Museen zu Berlin „bis auf Weiteres geschlossen“ ist. Stattdessen wird auf der Homepage auf die Online-Angebote verwiesen, mit denen man dann sogar bei einem virtuellen Rundgang auch irgendwie bei Bruegel in der Gemäldegalerie vorbeischauen kann. Aber es ist halt nicht das real thing.Mit „Die niederländischen Sprichwörter“ als Bruegel-Highlight darf man in Berlin renommieren, aber derzeit mag man diesen Wimmelbild-Klassiker ruhig mal links liegen lassen und lieber auf die „Zwei Affen“ schauen. Auf 1562 hat es Bruegel datiert. Ein fast quadratisches und ziemlich kleines Bild. Es ist nicht mal so groß wie ein Schallplattencover. Beim Blick durch einen Mauerbogen ist in der Ferne schemenhaft eine Stadt am Fluss zu sehen, wohl Antwerpen. Im Himmel über der Stadt sind zwei frei fliegende Vögel auszumachen. Winzig klein nur. Und sehr bedeutsam, als Kontrast. Weil man bei dem Bild halt zuallererst die beiden Äffchen sieht, die eben angekettet sind. So gar nicht frei.Man kann überhaupt nicht anders, als Bruegels Bild von den beiden an die Kette gelegten Affen – Halsbandmangaben übrigens aus der Familie der Meerkatzenverwandten – als allegorisch zu lesen. Die geknechtete Kreatur. Immer schon, und jetzt halt wieder ganz besonders.In manchen Interpretationen sollen die Affen die in Ketten liegenden Bürger von Antwerpen symbolisieren, die von den Spaniern unter König Philipp II. ihrer Freiheiten beraubt wurden. Lange her. Von einer Unterdrückung der Niederlande durch die Spanier kann heute nicht mehr gesprochen werden. Die Affen aber, sie liegen weiterhin in Ketten. Und der linke von beiden schaut einen auch direkt an, irgendwie keck. Als wollte er sagen: Na du. Auch? ⇥Thomas Mauch ⇥ Foto: bpk / Gemäldegalerie, ⇥SMB / Jörg P. Anders