Schüler dicht gedrängt

Kaum gebaut, schon zu klein: Die Eltern von Grundschulkindern in Borgfeld-West drängen auf die Erweiterung der Schule im Neubaugebiet – derweil erwägt die Schulbehörde andere Alternativen

bremen taz ■ „Viel zu weit“, sagt die siebenjährige Paula über den Weg von der neu gebauten Grundschule Borgfeld-West zum Schulzentrum in der Bergiusstraße. Vertreter der Elterninitiative „Grundschule Borgfeld-West“ befürchten, dass es bald ihrer sein könnte. Die Bildungsbehörde hat angekündigt, das nicht voll ausgelastete Schulzentrum als Ausweichlösung für Kinder aus dem Einzugsgebiet der neu gebauten Grundschule in Borgfeld-West zu nutzen. Über 30 Minuten müsste Paula dann laufen – entlang der vielbefahrenen Borgfelder Heerstraße, über den Hollerfleet, bis in den benachbarten Stadtteil Lehesterdeich.

Dabei hatten sich die nachwuchsfreudigen Eltern im wachsenden Neubaugebiet Borgfeld-West auf acht neue Unterrichtsräume gefreut. Doch aus der vom Senat angekündigten Versorgung wird vorerst nichts. Nur der erste Teil der Grundschule „Borgfeld-West“ ist gebaut. Vier Klassenräume sind vorhanden, ein Mehrzweck- und ein Hortraum. Letzterer müsste jedoch spätestens ab übernächsten Jahr auch als Klassenzimmer dienen. Denn je zwei erste und zweite Klassen werden zum Schuljahresbeginn in das Gebäude ziehen. „Dann müssten Alternativen gefunden werden“, sagt Manfred Ruberg von der Bildungsbehörde.

„Schon die alte Grundschule in Borgfeld platzte aus allen Nähten“, beklagt Elternvertreter Andreas Knigge. Der Unterricht habe unter „provisorischen Bedingungen“ stattgefunden. Für Entspannung der Versorgungsnotlage sollte der Neubau sorgen – mit jeweils zwei Klassen pro Jahrgang. So war es im Bebauungsplan vorgesehen.

Das Riesen-Neubaugebiet in Borgfeld ist ein Prestigevorhaben, das auch dem Abwandern von Familien ins Niedersächsische Umland entgegen wirken soll. Rund 840 Wohneinheiten in Form von Ein- und Mehrfamilienhäusern entstehen allein in Borgfeld-West. Doch der Verkauf verläuft schleppend. Das Bildungsressort geht davon aus, dass eine einzügige Grundschule den Bedarf an Schulplätzen decken wird und nur noch ein Klassenverband nachkommen werde. „27 Kinder pro Jahr müssen erst mal da sein“, sagt Ruberg.

Die Eltern fürchten, dass die Unterbringung der Kinder bald an Grenzen stoßen wird. Etwa 70 Prozent der Borgfelder Neubürger hätten Nachwuchs. Und immerhin stünden zwei Drittel des Neubaugebietes noch zum Verkauf.

Mit Sorge betrachtet diese Entwicklung auch Anja Stahmann, bildungspolitische Sprecherin der Grünen: „Die Leute, die hier gerade gebaut haben, sind hoch verschuldet. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Kinder betreut werden“, sagt sie, „in der Regel gehen hier beide Elternteile arbeiten.“ Sie finde es ärgerlich, dass die große Koalition ihre Fehler wiederhole. Erst werde um junge Familien geworben und eine gute Infrastruktur versprochen, dann seien Kindergarten- und Grundschulplätze Mangelware. Stahmann fordert den Senat auf, sofort mit dem zweiten Bauabschnitt der Schule zu beginnen.

Unterdessen feilt die Behörde schon an Notlösungen für weitere Engpässe: Im Schulzentrum in der Bergiusstraße stehen Klassenräume frei. Der Einzugsbereich könnte verändert, Kinder aus dem Überschneidungsgebiet der Curiestraße zugeordnet werden. Die zugezogenen Eltern sind empört. Die Bildungsbehörde beruhigt: „Kinder aus dem Neubaugebiet kommen auch in die neue Schule“. Dann müssten Paula und ihre Klassenkameraden nicht mehr als zwei Kilometer Schulweg zurücklegen. sas