petition der woche
: Leere Kreuzfahrtschiffe für Flüchtlinge jetzt!

Anlass der Petition

Volle Flüchtlingslager, leere Kreuzfahrtschiffe

Das wollen die Initiatoren Dass die Schiffe nicht nutzlos im Mittelmeer dümpeln

Das wollen sie nicht

Dass Flücht­linge in Lagern keine Hilfe bekommen

Seit Monaten harren Tausende Männer, Frauen und Kinder auf der griechischen Insel Lesbos aus: Sie bitten als Flüchtlinge um Einlass in die EU. Während ihr Warten unter katastrophalen Bedingungen vor Ausbruch der Coronakrise in Europa noch für eine gewisse Aufmerksamkeit sorgte, ist es seitdem in der breiten Öffentlichkeit ruhig um sie geworden. Ihre Lage hingegen ist durch die Virusgefahr ungleich schlimmer.

Den Wartenden gegenüber befindet sich eine andere Schar in Warteposition: Mehrere Kreuzfahrtschiffe liegen „leer“ im Mittelmeer – ihre Reisen sind aufgrund der Coronapandemie ausgesetzt.

Florian Cordes sieht hier einen Zustand, der sich zusammenbringen ließe: In seiner Petition „Hilfe für die Menschen in Moria: #cruiseshipsformoria“ fordert er die Kreuzfahrtunternehmen auf, ihre Schiffe als Notquartiere für die Geflüchteten zu öffnen ­– „bis für deren Verbleib eine faire und menschenwürdige Regelung unter willigen EU-Staaten, Bundesländern oder auch Städten gefunden wurde“, heißt es dazu in dem Aufruf, der sich auch an das EU-Parlament und die deutsche Bundesregierung richtet. Cordes findet, das Lager Moria müsse dringend schließen. Schon vor der Pandemie seien die Zustände „menschenunwürdig“ gewesen, „jetzt sind die Menschen dort dem Virus schutzlos ausgeliefert“, schreibt Cordes.

Die Idee, Geflüchtete temporär auf Kreuzfahrtschiffe unterzubringen, ist nicht neu: Die Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley (SPD), versuchte schon vor Wochen, eine ähnliche Lösung zu vermitteln; auch NGOs forderten diese Art der Unterbringung. Ein Reiseunternehmen hatte bereits eines seiner Schiffe angeboten. Die EU-Kommission aber lehnte ab und verwies auf Unterbringung in leerstehenden Hotels.

„Ich verfolge die Berichterstattung in den Medien, und es ist nur sehr schwer auszuhalten, solches Elend zu sehen“, sagt Cordes. Die Bemühungen der Bundesregierungen tröpfelten vor sich, dabei brauche es jetzt vor allem „schnelle Hilfe“. Aus diesem Grund seien Kreuzfahrtschiffe die naheliegendste Lösung.

Neben der Hilfe für die Geflüchteten sieht Cordes auch einen Vorteil für die Kreuzfahrtunternehmen. Sie könnten den Betrieb aufrechterhalten und ihre Crews weiterbeschäftigen. Bezahlen sollte das die EU – als aktive Form von Wirtschaftshilfe anstelle von Überbrückungskrediten.

Die Cruise Lines International Association, der größte Verband von Kreuzfahrtunternehmen, der auch die Schwergewichte „Aida“, „Costa“ und „MSC“ vereint, beantwortete eine taz-Anfrage nicht, auch nicht die genannten Kreuzfahrtunternehmen. Das Bundesinnenministerium nennt die Forderung „nicht zielführend“.

Aber tatsächlich: Mehrere tausend Menschen auf einem Boot – ist das nicht gefährlich? „Im Vergleich zu den Lagern ist das immer noch eine bessere Lösung“, glaubt Cordes. Während es dort gar keine Hygienestandards gebe, könne man mit Kabinen und Sanitäranlagen zumindest eine Verbesserung erzielen.

Am Ende könnte seine Lösung auch zu einem Imagegewinn für die Kreuzfahrtenveranstalter avancieren, glaubt Cordes – „diese hatten ja in letzter Zeit nicht immer den besten Ruf“.Felix Lorber