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Da ist ja noch die Kunst (Teil 3) Drei Farben – und alles ist möglich

Die Bildbeschreibung fällt in diesem Fall nicht ganz so umfangreich aus: Man sieht eine große Fläche Rot, gefolgt von einem schmaleren Streifen Blau, dann wieder eine große Fläche Gelb. Sonst nichts. Das ist alles, wirklich alles. Das Bild ist einfach wow. Zu diesem Wow gehört, dass man an diesem Bild sogar entlangspazieren kann. Fast drei Meter hoch und mehr als sechs Meter breit ist es. Ein echtes XXXL-Format, das der US-amerikanische Künstler Barnett Newman da mit „Who's Afraid of Red, Yellow and Blue“ abgeliefert hat. Zuletzt damit messen konnte man sich 2018 im Hamburger Bahnhof in der „Hello World“-Ausstellung. Ansonsten hat das Gemälde in der Neuen Nationalgalerie einen Platz – und ist damit gerade sowieso, auch ganz ohne Pandemie-Umstände, weggesperrt, weil dieses Haus seit 2015 geschlossen ist. Sanierungsarbeiten. Erst 2021 ist mit einer Wiedereröffnung zu rechnen. Wer will, kann auf www.smb.museum auf eine virtuelle Tour durch den leergeräumten Bau gehen. Als das Bild 1982 von der Neuen Nationalgalerie erworben wurde, führte das zu heftigen Kontroversen. Der damalige Direktor Dieter Honisch erhielt Morddrohungen, vielen passierte schlicht zu wenig auf dem Bild, manche fühlten sich von dem Farbeindreiklang provoziert. Ein Besucher hat sogar auf das Bild eingeschlagen. Rot, Gelb und Blau sind die Primärfarben. Wie grundlegend sie sind, kennt man vielleicht noch aus den Farbkreisexperimenten im Kunstunterricht. Daraus lassen sich alle anderen Farben mischen. Sie machen alles möglich. Nur dass das bei den eigenen Versuchen nie so wow aussah wie hier, ein elementares Kraftfeld. Stoisch, auf dem Sprung. Immer alles zugleich, eine Herausforderung, hey: Wer hat nun Angst vor... Im Titel klingt die alte Kinderspielfrage an: Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Dieser „Schwarze Mann“ steht wohl für den Schwarzen Tod – die Pest. Und wenn sie kommt? Dann laufen wir! Wenn weglaufen nichts nützt, mag man diese Farbkraft, die die Welt zusammenhalten und auch sprengen könnte, in den Blick nehmen. Rot. Gelb. Blau. Und kraftvoll zurückschauen. ⇥Thomas Mauch Foto: bpk / Nationalgalerie, SMB, Verein der Freunde der Nationalgalerie / Jörg P. Anders

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