Ein sattes Gehalt für die Ehefrau

VERDACHT Anton Schlecker soll Vermögen abgezweigt haben. Viele Mitarbeiterinnen bleiben arbeitslos

STUTTGART taz | Gegen Firmengründer Anton Schlecker sind schwere Vorwürfe bekannt geworden. Nach einem Medienbericht soll er bereits drei Jahre vor dem Insolvenzverfahren Vermögen auf Familienangehörige übertragen haben. Schlecker habe an den 2008 und 2009 einbrechenden Umsätzen erkannt, „dass die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens drohte“, zitiert der Spiegel den Durchsuchungsbeschluss der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.

Nachdem die Drogeriemarktkette mit Sitz im baden-württembergischen Ehingen über mehrere Jahre Verluste geschrieben hatte, hatte sie Anfang des Jahres Insolvenz angemeldet. Wegen des Verdachts der Untreue, Insolvenzverschleppung und des Bankrotts hatten Mitte Juli Ermittler des baden-württembergischen Landeskriminalamts Wohnungen und Geschäftsräume der Familie Schlecker und zehn weiterer Verdächtiger durchsucht.

Bei den nun bekannt gewordenen Vermögensübertragungen soll es sich unter anderem um die Familienvilla im Wert von angeblich 20 Millionen Euro gehandelt haben. Außerdem soll Anton Schleckers Ehefrau Christa ein überhöhtes monatliches Gehalt von 60.000 Euro erhalten haben.

Darüber hinaus würden die Staatsanwälte in den Unterlagen die „besondere Art der Unternehmensfinanzierung“ kritisieren. Dank außergewöhnlich langer Zahlungsfristen habe Schlecker den Erlös aus bereits verkaufter, aber noch nicht bezahlter Ware zur Unternehmensfinanzierung genutzt. Dies sei eine Art „Schneeballsystem“.

Anton Schlecker selbst hat sich dem Bericht zufolge nicht zu den Vorwürfen geäußert. Er führte die Drogeriemarktkette als eingetragener Kaufmann und haftet daher mit seinem Privatvermögen. Bei einer Verurteilung drohen dem Unternehmen bis zu fünf Jahre Haft.

80 Prozent ohne Job

Unterdessen sucht ein Großteil der ehemaligen Schlecker-MitarbeiterInnen weiter nach einem neuen Job. Wie die Bundesagentur für Arbeit kürzlich mitteilte, habe bislang etwa jede Fünfte der überwiegend weiblichen Angestellten eine neue Arbeit gefunden. „Wir freuen uns natürlich für jede, die einen neuen Job findet“, sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft Ver.di zur taz. „Ich sehe in diesen Zahlen allerdings noch keinen Grund zum Jubeln.“

Vor allem mahnte sie eine genauere Analyse an. Denn die Erfolgsaussichten seien offenbar regional sehr unterschiedlich. Man müsse zudem genau hinsehen, welche Art von Tätigkeit übernommen werde, ob es also ein auskömmliches Einkommen gebe, ob es befristete Jobs seien oder vielleicht auch Leiharbeit.

Dazu konnte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit auf taz-Anfrage allerdings keine konkreten Auskünfte geben. Der Aufwand sei für eine detailliertere Aufarbeitung zu groß.

Auch das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg, wo Schlecker seinen Firmensitz hat, gibt sich angesichts der Zahlen noch zurückhaltend. „Langfristig sind wir schon zuversichtlich, aber aus Sicht der Frauen ist es natürlich problematisch, wenn wir langfristig denken“, sagte ein Sprecher zur taz. NADINE MICHEL