: Baden fällt ins Wasser
Das jährliche Anbaden im Strandbad Wannsee fällt am Karfreitag aus. Wann die Berliner Bäder öffnen, weiß derzeit niemand
Von Plutonia Plarre
Alles ist bereit. Der Sand ist gesiebt, die Strandkörbe sind aufgereiht, die Bojen gestrichen. Das Strandbad Wannsee öffnet immer als erstes der Berliner Sommerbäder. Seit Jahr und Tag ist das am Karfreitag, auch wenn es stürmt und schneit – alles schon da gewesen. Aber in Zeiten von Corona – noch nicht da gewesen – fällt der Start in die Freibadsaison aus.
Stand jetzt gilt die auf das Infektionsschutzgesetz gestützte Schließung aller Sportstätten bis zum 19. April. Und dann? Keiner weiß, ob die Bäder in absehbarer Zeit wieder aufmachen. „Das ist eine politische Entscheidung“, erklärt der Sprecher der Berliner Bäder-Betriebe (BBB), Matthias Oloew. „Für Spekulationen ist es viel zu früh“, sagt dazu der Sprecher der Senatssportverwaltung, Martin Pallgen, knapp.
Nach dem Strandbad Wannsee öffnen normalerweise das Kreuzberger Prinzenbad, das Olympiabad und das Sommerbad Wilmersdorf – spätestens am 1. Mai, schönwetterbedingt manchmal auch eine Woche früher. Vor der Öffnung verkaufen die Bäder-Betriebe im April den ganzen Monat lang Sommertickets zum Vorzugspreis von 60 Euro für 20 Besuche. Auch das fiel in diesem Jahr aus. „Wir holen das nach, sobald wir das Okay zur Öffnung bekommen“, versichert Bäder-Sprecher Oloew.
Gefährliches Gedränge
Dabei könnte der Sommer 2020 für die Schwimmbäder ein Riesengeschäft werden, da die Menschen ja einstweilen nicht verreisen können. Das Wasser selbst birgt kein Infektionsrisiko, anders Gedränge vor Kassen und Rutschen und volle Liegewiesen. Bilder, an die man sich vom letzten Juni im Prinzenbad erinnert, dürften Epidemiologen die Haare zu Berge stehen lassen. Selbst wenn es nach den Osterferien Lockerungen der Schließungsverordnung geben sollte: Die Schwimmbäder werden vermutlich nicht zu den ersten Einrichtungen gehören, die den Betrieb wieder aufnehmen dürfen.
Von der Schließungsverordnung sind alle 60 landeseigenen Bäder betroffen. 37 davon sind Hallenbäder. Nur ein paar Hochleistungssportler dürfen laut Oloew in einem Bad noch ihre Bahnen ziehen. Ansonsten sei die Wassertemperatur, bei normalem Badebetrieb um die 28 Grad, aus Kostengründen heruntergefahren worden, das Personal in den Hallen ausgedünnt, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Die Zeit werde aber für Reparaturen genutzt. Dass der Senat nach Ostern grünes Licht zur Öffnung gibt – „dazu fehlt uns im Moment die Fantasie“, sagt der Bädersprecher. Sollte es wider Erwarten doch der Fall sein, könne man aber schnell reagieren. Ein paar Tage Vorlauf, so Oloew, würden reichen, um die Wassertemperatur in den Hallen hochzufahren. Auch die Vorbereitungen für die Öffnung des Prinzenbads und die anderen Frühstarter unter den Sommerbädern seien weit gediehen.
„Luxusprobleme“
Was aber passiert, wenn die Bäder bis zum Sommer geschlossen bleiben? „Es gibt keinen Plan B“, sagt der Bädersprecher. In Fachkreisen würden zwar allerhand Szenarien durchgespielt: Was wäre, wenn man nur Hallenbäder öffnete? Da seien die Besucherzahlen einfacher zu beschränken als in Freibädern, wenn das Wetter schön ist. Aber auch dafür gebe es zurzeit keine Grundlage.
Auch in Schwimmerkreisen werden Modelle diskutiert. Eine Frau, Stammgast im Prinzenbad, berichtet der taz von einem Vorschlag, den sie gar nicht gut findet: Gäste sollten in Risko- und Nichtrisikogruppen eingeteilt werden. Ersteren solle das Schwimmen nur noch morgens erlaubt werden. Vor allem die „Egoshooter“, die eine eigene Bahn für sich reklamieren, seien sehr ungeduldig. Mal ein oder zwei Monate aufs Schwimmen verzichten zu müssen bringe manche Leute an den Rand der Verzweiflung. Verglichen mit der Not, die arme Länder wegen des Coronavirus hätten, ärgert sich die Frau, „sind das doch Luxusprobleme“.
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