Ab mit den Bärten

Die Oberammergauer Passionsspiele wurden verschoben

Von Patrick Guyton

Das Wunder, auf das die Oberammergauer gehofft hatten, ist nicht geschehen. Das Passionsspiel, das vom Leiden, Sterben und dem Wunder der Auferstehung Jesu Christi handelt, findet in diesem Jahr nicht statt. Am Ende hat es das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen „wegen der zu erwartenden Gefährdungslage“ für 2020 verboten. Corona eben.

Wie alle zehn Jahre wäre es ein riesiges Massenspektakel gewesen mit 2.400 der 5.500 DorfbewohnerInnen als Mitwirkende, mehr als 100 Vorstellungen im Passionstheater und 500.000 BesucherInnen aus der ganzen Welt, viele aus den USA. Immerhin betonen die Verantwortlichen, sagt der Spielleiter Christian Stückl – Intendant des Münchner Volkstheaters und Oberammergauer durch und durch –, dass die Passion nicht abgesagt, sondern nur verschoben ist. „I hob koa guats Gfühl mehr ghobt“, meinte Stückl auf einer kurzen Freiluft-Pressekonferenz Ende vergangener Woche im Passionstheater. Und sprach dann mit brüchig-tränenerstickter Stimme: „Wir werden irgendwann wieder weitermachen.“ Der neue Premierentermin steht schon fest: 21. Mai 2022. Und Stückl erzählt auch, um was es bei der letzten regulären Probe am 8. März gegangen ist: „Kreuzweg und Kreuzigung, ausgerechnet.“

15 Millionen Euro wurden investiert, es gibt eine Ausfallversicherung für die direkten Kosten. Für die Hotels und die Gastronomie allerdings ist die Verschiebung eine Katastrophe, so wie es gerade vielen wegen Corona ergeht. Noch vor wenigen Tagen waren über die Passions-Homepage Arrangements zu buchen, etwa zwei Tage im 4-Sterne-Hotel für zwei Personen inklusive Karten für die fünfstündige Aufführung für 776 Euro, ohne Anfahrt. Nun hat eine Seuche das Spiel in diesem Jahr zunichte gemacht, das wegen einer Seuche begründet wurde: 1633 ließ die Pest von dem Dorf ab, 1634 lösten die Oberammergauer ihr Gelübde ein, regelmäßig die Passion aufzuführen.

Heute haben die Spiele dreifache Bedeutung: Sie sind Kommerzspektakel, religiös eingefärbte Brauchtumspflege sowie Herzensangelegenheit eines ganzen voralpenländischen Dorfes. Die seit Aschermittwoch vergangenen Jahres gewachsenen Haare und Bärte – dazu müssen sich die Teilnehmer im „Barterlass“ verpflichten – können nun wieder abgeschnitten werden. Am besten zu Hause mit der Schere oder dem Haarschneider, denn die FriseurInnen haben in Bayern alle zu.