Mut, Vertrauen und Blauschimmel

Jan Feddersens Gastro-Kritik (i. V. Natalie Tenberg). Schmeckt besser, als er riecht: der Käse im Gorgonzola Club in Berlin-Kreuzberg

Der italienische Blauschimmelkäse Gorgonzola schmeckt nicht jedem. Dazu riecht er noch streng. Es gehört also viel Mut dazu, sein Lokal nach diesem Käse zu benennen. Und ein tiefes Vertrauen zum Koch. Dieser Mut und das Vertrauen finden sich im italienischen Gorgonzola Club der Dresdener Straße in Kreuzberg.

In der Straße im Schatten des Kolosses am Kottbusser Tor herrscht eine friedliche, internationale Stimmung. Aus dem äthiopischen Imbiss schallt ostafrikanische Musik, türkische Männer debattieren in einem Café, australische Touristen sind auf der Suche nach Bier.

Ein Abend in dieser Nachbarschaft kann und soll lang werden, so ist es wichtig, zu Beginn eine gute Mahlzeit zu sich zu nehmen. Wenn man dazu einen Ort findet, an dem man auch verweilen kann, so steht dem Vergnügen nichts im Wege.

Dass die Abende in Kreuzberg erst später anfangen, lässt sich auch daran erkennen, dass der Gorgonzola Club abends um acht noch leer ist. Zu dieser Zeit werden die Tische im Innenhof, der als „Garten“ angepriesen wird, erst eingedeckt. Die Tischdecken mit rot-weißem Karomuster unterstreichen auch innen das rustikale Flair des Schankraumes. Der ist, wenn man nicht an den großen Fenstern mit Blick zur Straße sitzt, arg dunkel. Die vergilbten Wände kann man gemütlich finden, bei Tageslicht wirken sie jedoch eher schmierig.

Die Unterhaltung am Tisch dreht sich, trotz des Namens „Gorgonzola“, um Spinat. Genauer um den hervorragenden Spinatsalat mit warmen Pilzen. Der wirft die Frage auf, warum sich Spinat nicht als Salat durchgesetzt hat, sondern meistens verkocht und püriert serviert wird. Auch das Walnuss-Gorgonzola-Dressing zum gemischten Salat sollte sich auf Speisekarten durchsetzen! Die Pizzen im Gorgonzola füllen den Magen auf angenehme Art und Weise. Olivenöl, von der Kellnerin an den Tisch gebracht, gibt ihnen noch Schärfe.

In die Diskussion über Kulinarisches platzt ein Mann mit einem aussterbenden Beruf. Er bietet den Gästen an, sie mit einer Sofortbild-Kamera zu fotografieren. Aber nun gibt es dazu ja Foto-Handys, er muss erfolglos weiterziehen. Derweil herrscht im Gorgonzola Club der gleiche Kampf wie in vielen anderen Lokalen auch: der Kampf um die Karte. Warum darf der Gast sie nicht den ganzen Abend behalten, sondern muss sie sofort nach der Bestellung abgeben?

Als der abendliche Berliner Monsunregen einsetzt, ist es Zeit, den Innenhof zu verlassen. Eigentlich wollten wir weiterziehen, aber als es innen im Dunkeln so gemütlich wirkt, nehmen wir noch einen Nachtisch. Noch mal die Karte, bitte!

GORGONZOLA CLUB, Dresdener Str. 121, 10999 Berlin-Kreuzberg, U-Bahn-Haltestelle Kottbusser Tor; tägl. ab 18 Uhr, Getränke ab 2 Euro, Vorspeisen ab 2 Euro, Hauptspeisen ab 5,50 Euro, Getränke ab 2 Euro, Fon (0 30) 615 64 73