Die Schere schließen

RISIKOSCHÜLER Im Projekt „Brücke“ arbeiten JunglehrerInnen mit RisikoschülerInnen und lernen die Gründe ihres Scheiterns kennen

„Die Studenten gehen gestärkt aus dem Projekt hervor“

Sebastian Wachs, Koordinator

100 Stunden Gespräche, Wiederholung von Unterrichtsstoff, Training gegen Gewalt und für bessere Kommunikation – und das mit Risikoschülern aus bildungsfernen und armen Elternhäusern. Die 20 angehenden LehrerInnen aus dem Projekt „Brücke“haben sich kein einfaches Feld für ihr Praktikum ausgesucht.

Doch die Masterstudenten von der Elite-Uni haben keine Scheu vor Problemschülern. Für das kommende Schuljahr haben sich sogar 40 Lehramtsanwärter fürs Projekt angemeldet. „Mehr Bildungsgerechtigkeit“ will die Initiative des Arbeitsbereichs „Bildung und Sozialisation“ schaffen, indem sie Masterstudenten an die Werkschulen und die Allgemeine Berufsschule Walle vermittelt.

„Wir richten uns gezielt nicht an die Regelschulen“, sagt Sebastian Wachs, Koordinator des Projekts. Um „Bildungsbrüche“ soll es gehen und um deren „Diagnose, Intervention und Prävention“, wie es im Untertitel der „Brücke“heißt. Also besuchen die Lehramtsstudenten zunächst den Unterricht der achten bis zehnten Klassen, um dann mit besonders förderbedürftigen Schülern Tandem-Paare zu bilden.

„Die Prämisse lautet: Vom Kind ausgehen“, so Wachs. Die Jugendlichen können selbst Wünsche äußern, zum Beispiel nach Gesprächstraining wenn ein Bewerbungsgespräch ansteht. Wichtig seien für die Schüler auch Gespräche mit ihren Mentoren. Die wiederum führen als Grundlage für ihre Masterarbeit gezielte Interviews mit ihren Schützlingen. Dabei geht es um die Gründe für Probleme in der Schule und bei der Jobsuche. Oft kämen die Studenten aus mittleren bis oberen Schichten, so Wachs.

Viele der Lehramtsanwärter fürs Gymnasium hätten noch nie mit Risikoschülern zu tun gehabt: „Es geht darum, Verständnis für Jugendliche in prekären Lagen zu schaffen“. Die Lehramtsanwärter würden „gestärkt“ aus dem Projekt hervorgehen und die Gründe für schlechte Leistungen nicht mehr bei den Schülern selbst suchen. Wachs stellt aber auch klar: „Bildungsbrüche treten meist schon in der Kindheit auf. Wir können nichts rückgängig machen, wir können nur helfen.“

NANTKE GARRELTS