Lars Penning
Filme aus dem Archiv –
frisch gesichtet
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Eine tragische Geschichte als Ode an die Lebensfreude: Für sein Theaterstück „Orfeu da Conceicao“ verlegte der Autor Vinicius de Moraes den griechischen Mythos vom Musiker Orpheus, der seine Geliebte Eurydike an die Unterwelt verliert, in den Karneval von Rio. Auch in der filmischen Adaption „Orfeu Negro“ (1959) von Marcel Camus dominiert die Samba: Fast als ob die moderne Euridice (Marpessa Dawn), die vor einem mysteriösen Mann zu ihrer Cousine in ein Armenviertel von Rio flieht, allein vom hypnotischen Rhythmus der Trommeln durch die Stadt voller tanzender Menschen ihrem Ziel entgegengetrieben werde. Als sie den Straßenbahnfahrer, Gitarristen und Frauenschwarm Orfeu kennen lernt, scheint das Glück zu winken. Doch der seltsame Fremde, der Euridice bedroht, entpuppt sich als der Tod. Trotz des traurigen Endes feiert „Orfeu Negro“ das Leben und die Liebe: Da ist das kostspielige Kostüm für den Karneval dann wichtiger als der Kauf von Lebensmitteln, und die Freude an Musik und Tanz triumphiert über alle Unbilden des Lebens (OmU, 15. 3., 20 Uhr, Arsenal 1).

Ein „Boxendes Känguruh“, ein „Acrobatisches Potpourri“ und ein „Italienischer Bauerntanz“: Mit nur jeweils einige Sekunden dauernden Varieté-Darbietungen startete das Kino in Deutschland seinen unaufhaltsamen Siegeszug. Am 1. November 1895 führten die Gebrüder Skladanowsky in Berlin erstmals ihr „Wintergarten-Programm“ vor, das im Filmmuseum Potsdam die Veranstaltungsreihe „125 Jahre Kino“ einleitet. Eröffnet wird auch die neue Foyerausstellung „Vom Biophon zum Biomarkt. 111 Jahre Kino in Potsdam“, zudem spricht Architekturhistoriker Chris van Uffelen über Kinoarchitektur im Wandel der Zeit (13. 3., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Der vielleicht charmanteste Film von Buster Keaton ist „The Navigator“ (1924), in dem zwei verwöhnte junge Leute sich auf einem ansonsten unbevölkerten riesigen Ozeandampfer wiederfinden, der mitten auf dem Meer treibt. Keaton nutzt die schiere Größe des Schiffs immer wieder für Serien brillanter optischer Gags: Als Rollo (Keaton) und Betsy (Kathry McGuire), die unabhängig voneinander auf den Dampfer gelangt sind, bemerken, dass sie doch nicht ganz allein sind, suchen sie sich gegenseitig. Aber sie verpassen sich immer wieder: Rennt er auf der einen Seite eine Treppe hoch, steigt sie auf der anderen Seite eine Treppe hinab. Verschwindet er im Hintergrund um die Ecke, kommt sie im Vordergrund ins Bild – die Jagd wird immer frenetischer. Zu sehen beim Stummfilm um Mitternacht; mit Anna Vavilkina an der Kinoorgel (14. 3., 23.59 Uhr, Babylon Mitte).