Aber Timo Werner spekuliert

Das Champions-League-Spiel Leipzig vs. Tottenham findet statt: mit Zuschauern und mit Chancen für RB

„Ich denke, dass ich das Potenzial habe, in einer großen Mannschaft spielen zu können“

Timo Werner

Von Frank Hellmann

Der Fanshop von RB Leipzig liegt mitten in der Fußgängerzone am Petersbogen. Wie auch anderswo üblich, ist auf das Trikot ein ordentlicher Zuschlag zu zahlen, wer Nummer und Name auf der Rückseite wünscht. In der Hitliste ganz oben: die 11 von Timo Werner. Der 2016 nach dem Abstieg des VfB Stuttgart für vergleichsweise läppische 10 Millionen Euro verpflichtete Stürmer ist längst zu einer Identifikationsfigur im Brauseklub aufgestiegen. So gibt der Torjäger auch den Hoffnungsträger, dass es nach dem 1:0-Hinspielsieg vor drei Wochen bei den Tottenham Hotspur im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals ein Happy End gibt. Vor Leipziger Publikum übrigens, trotz der Corona-Debatten.

Der 24-Jährige hatte vor drei Wochen an der White Hart Lane den entscheidenden Elfmeter verwandelt, sein vierter Treffer im Wettbewerb, sein 27. Pflichtspieltor insgesamt. Trotzdem scheint die Meisterschaft kein Thema mehr bei den auf Formsuche befindlichen Sachsen, die heuer überhaupt nur drei Partien gewonnen haben. Werner litt zuletzt an muskulären Beschwerden im Oberschenkel, sodass Trainer Nagelsmann ihn beim VfL Wolfsburg (0:0) erst nach einer Stunde einsetzte. „Als er reinkam, hat man gesehen, dass er uns guttut.“ Der 32-Jährige weiß, wie wichtig ein gesunder Topstürmer für die zuletzt vermissten Tempowechsel ist.

Wie lange Werner noch mit dem Bullenlogo auf der Brust wirbelt, wird mal wieder intensiver debattiert, als den RB-Verantwortlichen lieb ist. Obwohl er seinen Vertrag erst vergangenen Sommer bis 2023 ausdehnte, sind die Wechselgerüchte auf Wiedervorlage gekommen. Weil sie von dem Spieler, der offenbar eine Ausstiegsklausel über 50 Millionen Euro besitzt, selbst angeheizt werden. „Ich denke, dass ich das Potenzial habe, die Möglichkeiten jetzt schon habe, in einer großen Mannschaft spielen zu können“, sagte Werner in der TV-Sendung „Das Timo Werner Spezial“, die am Spieltag bei Sky ausgestrahlt wird. Dass ihn speziell die Premier League reizt, ist kein Geheimnis.

Zu den Interessenten soll auch der FC Liverpool zählen, der sich womöglich auf ein ähnliches Modell wie bei Naby Keita einlässt: Der Vertrag wird vorab fixiert und der Wechsel kommuniziert, aber der Spieler bleibt noch ein Jahr in Leipzig. Werner selbst hatte bekundet, es spreche viel dafür, „dass ich da hinpasse“: zu Jürgen Klopp und an die Anfield Road. Dass er Überlegungen für die eigene Zukunft anstellt, ist legitim; dass er sie jetzt öffentlich diskutiert, eher suboptimal. Dem eher sensiblen Spieler hat ja der Verbleib in der Messestadt durchaus gutgetan.

Die mit der Herbstmeisterschaft abgeschlossene Hinrunde war Beleg eines persönlichen Reifeprozesses: Der gebürtige Stuttgarter verbesserte sich im Positions- und Kombinationsspiel. Vorbei die Zeiten, in denen er nur über Umschaltmomente punkten konnte. Anders als unter Ralf Rangnick, wo meist Yussuf Poulsen sein kongenialer Angriffspartner war, machte ihm Nagelsmann auch die Rolle als hängende Spitze oder auch als Flügelspieler schmackhaft, wenn Patrik Schick das Zentrum besetzte. Sportdirektor Markus Krösche sagte im Winter über Werner: „Ich glaube, dass wir der richtige Verein für ihn sind.“

Dieser Ansicht scheint der 29-fache Nationalstürmer (11 Tore) nicht mehr und hat prompt nach seinem Doppelpack zum Rückrundenauftakt gegen Union Berlin (3:1) nur noch ein einziges Mal in der Liga getroffen.