EU-Kommission will Geld für AKW-Forschung

ENERGIE Binnen zehn Jahren müssten in die angeblich klimafreundliche Technik 7 Milliarden Euro investiert werden, fordert die Behörde. Den Bedarf der Sonnenenergie-Branche schätzt sie auf 16 Milliarden Euro

BRÜSSEL taz | Glaubt man Lutz Mez, Energiefachmann an der Freien Universität Berlin, dann hat sich das Thema Atomkraft in Europa erledigt: Zu klimabelastend, zu gefährlich und vor allem zu teuer sei die Technologie, erklärte er bei einer Diskussion in Brüssel. Zwar seien viele neue Meiler in Planung, doch in die Technologie und die Ausbildung von Fachleuten werde nicht mehr investiert.

Das könnte sich aber rasch ändern. Die EU-Kommission stellte gestern ihren Forschungsfahrplan für klimafreundliche Technologien für die nächsten zehn Jahre vor. Statt wie bislang 3 Milliarden Euro müssten in Zukunft 8 Milliarden jährlich von Unternehmen und Mitgliedstaaten je zur Hälfte aufgebracht werden, um bei kohlenstoffarmen Energieträgern im internationalen Vergleich nicht ins Hintertreffen zu geraten und die Klimaziele zu erreichen, glaubt Forschungskommissar Janez Potocnik. Gefördert werden sollen „Wind, Sonnenenergie, Elektrizitätsnetze, Bioenergie, CO2-Abscheidung und zukunftsfähige Kernspaltung“.

Die Kommission glaubt, dass bis zum Jahr 2020 eine neue Generation von Atomreaktoren am Netz sein kann. Sie müssten noch sicherer werden, sparsamer mit radioaktivem Brennmaterial umgehen und sollen weniger Atommüll produzieren. Dafür müssten in den nächsten zehn Jahren 7 Milliarden Euro an Forschungsgeldern aufgebracht werden. Für Windenergie hingegen sind nur 6 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum eingeplant. Solarstrom soll mit insgesamt 16 Milliarden Euro weiterentwickelt werden, Strom aus Biomasse mit 9 Milliarden Euro. Für die Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) aus Kohlekraftwerken schätzt die Kommission den Forschungsbedarf auf 13 Milliarden Euro, in die Entwicklung von energiesparenden Technologien sollen 11 Milliarden Euro fließen.

Nur 2 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen, die Hälfte der europäischen Stromnetze bis 2020 zu modernisieren. Diese Investitionen sind aber die Voraussetzung dafür, dass Energie aus erneuerbaren Quellen eingespeist und über weite Strecken transportiert werden kann. Das Wüstensolarprojekt Desertec etwa kann nur starten, wenn die europäischen Netze Hochspannungsgleichstrom-Übertragung ermöglichen. Die bislang beteiligten zwölf Firmen stellten ihre Pläne gestern in Brüssel vor. Sie bauen darauf, dass die EU ihr Geld eher in intelligente Stromnetze steckt als in neue AKWs.

DANIELA WEINGÄRTNER