„Nicht das Allheilmittel“

Diskussionsrunde über Videoüberwachung

■ Der Journalist ist Träger des Wächterpreises und Politikredakteur der Wochenzeitung Die Zeit.  Foto: dpa

taz: Herr Denso, seit über drei Jahren wird die Reeperbahn videoüberwacht. Ist sie sicherer geworden?

Christian Denso: Ich halte die Überwachung dort für notwendig, bin aber skeptisch, was man davon erwarten kann. Sie ist bestimmt sinnvoll zur Aufklärung von Straftaten. Den präventiven Nutzen schätze ich als eher gering ein.

Ist die Aufklärung von Straftaten Rechtfertigung für diesen Einschnitt in die Privatsphäre?

An Brennpunkten halte ich das schon für gerechtfertigt. Wenn ich auf den Kiez gehe, will ich mich amüsieren, ohne dabei Angst haben zu müssen, Opfer einer Straftat zu werden.

Führt die Überwachung dazu, dass Kriminelle auf Nebenstraßen ausweichen?

Ja, bei Straftaten, die überlegt begangen werden, schon. Da sehe ich einen Verdrängungseffekt. Bei Gewalttaten, die impulsiv begangen werden, vor allem bei der Jugendkriminalität, sehe ich keine Verlagerung.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung für Hamburg ein?

Man setzt mittlerweile auf mehr Polizeipräsenz und wird mit der Zeit merken, dass Überwachung nicht das Allheilmittel ist. Ich bin recht sicher, dass aus staatlicher Sicht das Bewusstsein da ist, dass der Nutzen der Kameras nur begrenzt ist – aber vielleicht hoffe ich es auch nur.INTERVIEW: LISA FRANKENBERGER

Christian Denso diskutiert mit dem Kulturwissenschaftler Dietmar Kammerer, dem Soziologen Peter Ullrich, dem Journalisten Albrecht Ude und Bernd Carstensen, Bund deutscher Kriminalbeamter: 19.30 Uhr, Uni-Hauptgebäude, Edmund-Siemers-Allee 1, Raum 221