Fertigrasen ohne Doping

Nur zwei Firmen werden die WM-Stadien mit Rollrasen beliefern. Jetzt ist das Grün ausgesät. Der Kampf gegen den Rasenfilz und die Fremdgräser hat damit begonnen

80.000 Euro gibt’s pro Spielfeld Rasen – „doch davon bleibt nichts übrig“

ALSBACH taz ■ Die WM beginnt zwar erst im nächsten Sommer – aber der extra-strapazierfähige Fertigrasen für die Stadien wächst schon. Ganz unspektakulär, im milden Klima an der hessischen Bergstraße. Denn rund um Alsbach entspricht der lockere Boden geologisch zufällig genau der Norm, die eine Verordnung (DIN 18035/4) für Sportrasenflächen vorschreibt. Auf „chemisches Rasendoping“ könne daher verzichtet werden, wirbt Thomas Büchner für seine Pflanzen.

Außer einem niederländischen Unternehmen wird nur seine Firma den WM-Fertigrasen liefern. Die beiden Spezialanbieter haben sich gegen gegen drei Konkurrenten durchgesetzt – ausgewählt wurden sie vom „Rasenkompetenzteam“, in das das WM-Organisationskomitee zwei Rasenprofessoren berief. Thomas Büchner wäre es lieb gewesen, wenn man „die Kompetenzen auf mehrere Schultern verteilt“ hätte, denn die Trips aus dem Südhessischen in die Stadien von Frankfurt, Kaiserslautern, Stuttgart, Nürnberg und München verlangen eine logistische Punktlandung.

Innerhalb von zehn Tagen müssen die Rollbahnen in allen Stadien im nächsten Mai liegen; 20 Trucks karren sie pro Spielfläche heran – minutengenau. „Da darf keine Straßensperrung dazwischenkommen“, sagt Büchner, der den Rasenballen anschließend vier Wochen Ruhe gönnt, „damit die Wurzeln ziehen können.“

Auf über 200 Hektar wächst der WM-Rasen mittlerweile; die Sorten „Deutsches Weidelgras“ und „Wiesenrispe“ werden von 21 Mitarbeitern bis zu 80 Mal mit Spindelmähern beackert, um Fremdgräsern und Rasenfilz keine Chance zu lassen.

Der WM-Auftrag sei daher nur scheinbar lukrativ, rechnet Büchner vor: Von den rund 80.000 Euro, die jede Spielfläche abwerfe, bliebe nach all dem organisatorischen Aufwand „nichts mehr übrig“. Ökonomisch lebe der Betrieb vielmehr vom „Rollrasen in allen Größen“ – für Werbefotografen, Messen, exklusive Hausgärten oder „die Balkonbegrünung für die kleine Perserkatze im neunten Stock“.

Aber auch Sportrasen wird immer mehr nachgefragt. In den modernen Stadien geht der Trend zum Einwegrasen: In den tiefen Betonschüsseln muss das Grün meist ein Schattendasein fristen – ohne Licht und Luft staut sich dort die Feuchtigkeit. In Hamburg etwa müssen Büchners Lastwagen inzwischen bis zu viermal jährlich vorfahren, um den regelmäßigen Pflanzentod in der AOL-Arena zu beheben. THOMAS HERGET