Nachschub ist bestellt

NOBELPREIS Bei Dussmann haben viele Kunden noch nie von Herta Müller gehört

Im Kulturkaufhaus Dussmann ist man gut vorbereitet auf die Verkündung des diesjährigen Literaturnobelpreises. Kaum ist bekannt, dass die Wahlberlinerin Herta Müller gewonnen hat, wird links vom Eingang der Buchhandlung an der Friedrichstraße ein Büchertisch mit ihren Werken aufgebaut. Knapp eine Stunde später ist er schon halb leer gekauft. „Wir saßen alle um Punkt 13 Uhr am Rechner. Als das Ergebnis bekannt gegeben wurde, haben wir alle Exemplare von ihr, die wir hatten, aus den Lagern in die Regale gepackt“, erklärt Buchhändlerin Beata Wilcke. Nachschub sei bestellt.

Allerdings zucken viele Kunden, die zwischen den Regalen herumirren, bei dem Namen Herta Müller mit den Schultern. „Ich habe leider noch nie etwas von ihr gehört. Aber schön, dass es diesmal eine Deutsche ist“, sagt ein Buchfreund aus Holland. Eine Frau im roten Pulli hebt ihre Brille an und lugt interessiert auf den Herta-Müller- Tisch. „Ich habe leider noch nichts von ihr gelesen. Ich weiß nur, dass sie aus Siebenbürgen stammt“, erklärt sie in einem slawischen Akzent.

Überrascht sind alle

Wenig begeistert von Herta Müller ist ein 40-Jähriger mit Halbglatze, der selbst in einer anderen Buchhandlung arbeitet. „Durch das Buch ‚Der Fuchs war damals schon der Jäger‘ musste ich mich regelrecht durchkämpfen.“ Er sei daher sehr überrascht über den Preis. So geht es auch der Leiterin der Belletristik-Abteilung, Jacqueline Masuck. Sie ist allerdings ein großer Fan, wie sie sagt. Die Entscheidung der schwedischen Jury erklärt sie sich vor allem mit dem Hauptthema, das Müller beschäftigt: Deutsche in Rumänien, Fremdsein und Heimat. „Ich denke, genau darin liegt auch dieser unerwartete Erfolg.“

DENIZ TAVLI