Bahnprivatisierung steht vorerst nicht zur Debatte

VERKEHR Union und FDP sehen kaum Chancen für raschen Bahn-Verkauf. Mehr Fernbusse geplant

BERLIN taz | Bei ihren Koalitionsverhandlungen sind sich Union und FDP in der Verkehrspolitik in wichtigen Fragen näher gekommen: So soll es keine Erhöhung der Lkw-Maut geben, auch an eine Einführung eines generellen Tempolimints ist nicht gedacht. Uneinigkeit bestand bis Donnerstag nachmittag allerdings noch bei der Bahnpolitik. Während die FDP eine weitgehende Trennung von Netz und Betrieb fordert, zögert die Union dabei. Möglicher Kompromiss könnte sein, eine zunehmende Selbstständigkeit von Netz und Transportsparten festzuschreiben. Vom Tisch ist allerdings eine rasche Privatisierung. „Die steht im Augenblick nicht zur Debatte“, hieß es aus Verhandlungskreisen. „Die Bahn wird nicht verschleudert.“ Dabei sei auch nicht an einen außerbörslichen Teilverkauf, etwa an die russische Staatsbahn gedacht, wie von Bahnkritikern zuletzt vermutet wurde.

Allerdings will die schwarz-gelbe Koalition im Grundsatz an der Privatisierungspolitik festhalten. Man sei sich einig, dass es eine Teilprivatisierung zum geeigneten Zeitpunkt geben werde, hieß es. Einvernehmen herrsche auch darüber, dass der Wettbewerb auf der Schiene gestärkt werden solle. Dafür könne das Regulierungsrecht verbessert werden, was die Kompetenzen der Bundesnetzagentur erweitern würde.

Einigkeit haben die Koalitionäre im Fernbusverkehr erzielt. Künftig sollen auch hierzulande private Fernbuslinien möglich werden, die bislang im Prinzip verboten sind. Und: „Eine City-Maut oder ein Tempolimit wird es mit Schwarz-Gelb ganz sicher nicht geben“, sagte FDP-Verhandlungsführer Patrick Döring. „In den nächsten vier Jahren ist eine weitere Erhöhung der Lkw-Maut absolut tabu.“ Ursprünglich sollte die Maut allerdings gesenkt werden. Außerdem will die Union der FDP-Forderung folgen und Tests für die Einführung von Riesen-Lastwagen auf deutschen Autobahnen zulassen.

Die Pläne der künftigen Koalition stoßen bei der Schienenlobby zum Teil auf scharfe Kritik. „Alle Fakten zum Gigaliner liegen längst auf dem Tisch“, sagte der Vorsitzende der „Allianz pro Schiene“, Klaus-Dieter Hommel. „Der Monstertruck schädigt die Umwelt, gefährdet die Straßensicherheit und macht teure Umbauten an Brücken und Kreuzungen nötig. Steuerzahler und Umwelt zahlen die Zeche, verdienen werden aber nur einige wenige“, so Hommel.

Die Ankündigung der schwarz-gelben Koalition, künftig private Fernbuslinien in Konkurrenz zu Bahnstrecken zu erlauben, bewertete die Schienenallianz ebenfalls kritisch. „Gegen fairen Wettbewerb ist nichts einzuwenden“, so Hommel. „Deshalb gehen wir selbstverständlich davon aus, dass solche Busse Maut bezahlen müssen wie jeder Zug auch.“ Bisher seien Busse nämlich von der Mautpflicht befreit, obwohl die Kosten bekannt seien.

RICHARD ROTHER

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