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: Im Diesel-Skandal beginnen Vergleichsverhandlungen

Verbraucherschützer und VW wollen versuchen, das langwierige Gerichtsverfahren um Schadensersatz für Diesel-Käufer abzukürzen. Ob ein Vergleich zustande kommt, bleibt offen

Das Neue

Die Volkswagen AG und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) haben am Donnerstag gemeinsam erklärt, dass sie „Gespräche über einen möglichen Vergleich“ zugunsten der geschädigten Diesel-Käufer aufnehmen werden.

Der Kontext

VW hat jahrelang in Dieselmotoren der Baureihe EA 189 eine Vorrichtung eingebaut, die die Abgasreinigung abschaltete, wenn das Fahrzeug nicht gerade geprüft wurde.

Der vzbv hat am 1. November 2018 gemeinsam mit dem ADAC beim Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig eine Musterfeststellungsklage gegen VW eingereicht. Der Klage haben sich mehr als 400.000 Diesel-Käufer angeschlossen. Der vzbv wirft VW im Kern eine sittenwidrige Schädigung der Diesel-Käufer vor. VW soll dafür Schadens­ersatz bezahlen.

Die Musterfeststellungsklage wurde vom Bundestag erst 2018 unter dem Eindruck des Diesel-Skandals eingeführt. Sie soll Verbrauchern in Massenverfahren eine risikolose Klärung ihrer Ansprüche ermöglichen. Allerdings ist sie etwas langwierig. Bis zu einem OLG-Urteil könnte es ein bis zwei Jahre dauern. Die Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) benötigt dann weitere ein bis zwei Jahre. Sollten die Gerichte einen grundsätzlichen Anspruch auf Schadensersatz feststellen, müsste dann jeder Diesel-Käufer noch individuell gegen VW klagen, um die Höhe der Entschädigung in seinem Fall feststellen zu lassen.

Der vzbv hat VW deshalb schon lange zu einem Vergleich aufgefordert, um das Verfahren abzukürzen. Auch das OLG Braunschweig regte Verhandlungen an und setzte beiden Seiten eine Frist bis 31. Dezember, um ihre Bereitschaft hierzu auszuloten. Auf diese Aufforderung haben VW und vzbv nun reagiert. Das ist nicht selbstverständlich. Bisher hatte VW stets erklärt, ein Vergleich sei „kaum vorstellbar“.

Die Konsequenzen

Ob und wann ein Vergleich zustande kommt, ist noch offen. Die Verhandlungssituation ist knifflig, weil die Rechtslage bisher unklar ist. Nach Darstellung der Anwaltskanzlei Dr. Stoll und Sauer, die Diesel-Käufer vertritt, haben bisher 15 von 24 OLGs eine sittenwidrige Schädigung angenommen, doch ausgerechnet das OLG Braunschweig hat dies bisher verneint. Der für die Musterfeststellungsklage zuständige 4. Senat des OLG Braunschweig hat allerdings zugesagt, dass er sich noch einmal gründlich mit der Frage der Sittenwidrigkeit beschäftigen werde.

Außerdem will der BGH in einem anderen Fall am 5. Mai verhandeln. Auch dort geht es um die Frage, ob VW die Diesel-Käufer sittenwidrig geschädigt hat. Eine der spannendsten Fragen der nun beginnenden Vergleichsverhandlungen wird sein, ob VW und vzbv versuchen, den Vergleich vor einer Klärung der Rechtslage zu schließen, oder doch lieber zumindest auf vorläufige Hinweise der Richter warten.

Die Reaktion

Sowohl VW als auch der vzbv haben erklärt, dass sie zum Ablauf der Vergleichsverhandlungen keine Stellung nehmen werden. Christian Rath, Karlsruhe